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Beim Naturschutz wird
gemauschelt und gedreht


Mit der geplanten Restaurierung der Sparrenburg befasst sich der folgende Leserbrief:
An der Sparrenburgmauer finden wir eine der seltensten Pflanzengemeinschaften. Dort blüht noch (!) jedes Jahr leuchtend gelb der Goldlack. Und zwar die fast ausgestorbene Wildform, der Urahn unserer beliebten Gartenpflanzen und kulturgeschichtlich interessant, weil er von der Verbreitung des Rittertums in Westfalen berichtet. Der Stadt Bielefeld ist das natürlich bekannt, nur darf es keiner laut sagen. Beim zuständigen NRW-Ministerium bekommt man es dafür schriftlich: ». . . der Goldlack ist, soweit überhaupt noch vorhanden, stark gefährdet und von der Vernichtung bedroht.« Deshalb steht er ja auch in der Roten Liste.
Jeder normale Bürger muss sich den Anordnungen der Behörden beugen, soll immer Vorbild sein und selber etwas für den Naturschutz tun. Die amtlichen Broschüren zum Erhalt von Trockenmauern kennt man ja. Gerade wurden beim Wettbewerb »Jugend forscht« wieder Schüler mit Preisen ausgezeichnet für ihre Untersuchung zum Schutz von Mauerpflanzen. Nur wenn die Stadt Bielefeld, die von uns gewählten und bezahlten Politiker, genau das gleiche für den Naturschutz tun sollen, dann wird gemauschelt und gedreht. Wie vor zehn Jahren, als die Burgmauern schon einmal restauriert wurden. Damals ging die Sache bis vor die oberste Denkmalschutzbehörde nach Detmold. Was kam am Ende dabei heraus? Die Pflanzen landeten reihenweise auf dem Kompost Nur durch Glück blieben einige dieser seltenen Pflanzen verschont.
Dabei geht es auch anders: Unter Fachleuten ist schon lange bekannt, dass der Goldlack nachweislich kein Mauerwerk zerstören kann. So konnte man in vielen Städten die Mauern restaurieren und gleichzeitig die Pflanzengesellschaften erhalten. Nur in Bielefeld will man davon nichts wissen: die Stadt als Umwelttäter, es schaut ja keiner so genau hin. Jetzt will man dafür aus Brüssel sogar die EG-Gelder aus dem Artenschutzprogramm Fauna-Flora-Habitat (FFH) fordern. Genau wie damals will man bei der Stadt dazu wieder eine »Arbeitsgruppe« gründen, um die »ökologischen und denkmalschützerischen Belange zu berücksichtigen«. Restauriert wird aber trotzdem wie zu Großvaters Zeiten.
Ach, alles nur schöner Schein, um dem Bürger Sand in die Augen zu streuen. Bisher hatte ich ja noch etwas Hoffnung, sagte unser Baudezernent Gregor Moss doch kürzlich zum Thema Denkmalschutz im Sennestadt-Zentrum: »Besser als der Denkmalschutz ist der Kompromiss.« In Bielefeld hat man da leider nichts dazu gelernt, will erneut durch eine Gesetzeslücke »ganz legal« gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen. Wie schon beim Thema Fledermausschutz an der Burg. Gegen diese Baumfällaktion wurden ja auch über 8000 Unterschriften von Bielefeldern gesammelt, und gebracht hat es nichts.

MICHAEL LINDNER33615 Bielefeld

Artikel vom 22.07.2005