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Hartnäckiger
»Falschparker«
zieht vor Kadi

Streit um den Fall Karl-Eilers-Straße

Von Jens Heinze und
Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). »Nur in Fahrtrichtung! - Sonst Ticket - « hat ein Unbekannter auf den Parkscheinautomaten an der Ecke Karl-Eilers-/Friedenstraße geschrieben. Hätte Autofahrer Axel Egen (47) auf den Rat gehört, dann wäre ihm viel Geld, Zeit und ein anstehender Gang vors Gericht erspart geblieben.

Doch leider, berichtet der 47-Jährige, habe er den mit rotem Filzstift hinterlassenen Hinweis auf dem Automaten am 29. April gegen 10.15 Uhr nicht gelesen. Egen, Außendienstmitarbeiter eines Gütersloher Großhandelshauses, zog vorm Kundenbesuch zwar einen Parkschein, bekam aber trotzdem ein »Knöllchen« über 15 Euro. Grund dafür: Abstellen eines Fahrzeuges entgegen der Fahrtrichtung.
Jede Diskussion mit den zwei Politessen, erinnert er sich, sei am Tattag Ende April zwecklos gewesen. Egen hatte in der engen, einspurigen Sackgasse, dem Teilstück der Karl-Eilers-Straße zwischen Frieden- und Bahnhofstraße, seinen Pkw am linken Fahrbahnrand geparkt. Die Damen in der blauen Dienstkleidung der Stadt interessierte nicht, dass es dort nur eine Fahrtrichtung gibt, weil die Sackgasse mit Parkbuchten sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite für zwei Autos viel zu schmal ist. Die Politessen beriefen sich auf Absatz 4 des Paragraphen 12 der Straßenverkehrsordnung (siehe Text »Der Parkparagraph«) und zogen ab.
Heute, knapp drei Monate nach dem Vorfall in der Innenstadt, ist auf dem 15-Euro-»Knöllchen« ein stattlicher Bußgeldbescheid über 40 Euro und 60 Cent geworden. Denn Axel Egen hat nicht gezahlt, sondern Widerspruch gegen die seiner Meinung nach »nicht nachvollziehbare Verwarnung« eingelegt und Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Politessen erhoben (die vom städtischen Beigeordnetem fürs Bürgerwesen, Dr. Peter Albrecht Pohle, abgeschmettert wurde). Jetzt setzt der kämpferische »Falschparker« auf die Justiz: Beim anstehenden Prozess vor dem Amtsgericht soll endgültig geklärt werden, wer an der Karl-Eilers-Straße wo sein Auto abstellen darf. Denn Egen weiß, dass er kein Einzelfall ist: »Hier parkt jeder Zweite entgegen der Fahrtrichtung.«
Nicht, dass Axel Egen ein so genannter »Prozesshansel« wäre, gleich wegen jeder Kleinigkeit die Gerichte bemüht oder es ihn nicht interessieren würde, was die Straßenverkehrsordnung über das Parken sagt. Egen ist als Außendienstmitarbeiter im Jahr mit dem Pkw viele tausende Kilometer unterwegs und weiß nach eigenen Angaben, was er darf und was nicht.
Doch die schriftliche Belehrung des Ordnungsamtes zum Parken entgegen der Fahrtrichtung kann der 47-Jährige nicht nachvollziehen. Kreuzen beziehungsweise Gefährden des Gegenverkehrs beim Ausparken, wie es im Brief vom Amt heißt, sei in einer einspurigen Sackgasse wie der Karl-Eilers-Straße unmöglich. Das Fazit von Axel Egen: Paragraph 12 der Straßenverkehrsordnung gilt hier nicht. Wenn die Stadt aber trotzdem anderer Meinung sei, dann möge sie doch bitte per Schild am Straßenrand aufs geforderte Parken in Fahrtrichtung hinweisen.

Artikel vom 20.07.2005