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Als Ami in
Deutschland
nur benutzt

»Europa«: Triers Trilogie endet


Leopold (Jean-Marc Barr), ein Amerikaner deutscher Herkunft, kommt im Herbst 1945 mit dem Schiff aus New York ins Nachkriegsdeutschland. Durch Zufall erhält er einen Job als Schlafwagenschaffner bei »Zentropa«.
Leopold will den Menschen in Deutschland helfen, muss aber feststellen, dass er in der Person eines Geheimagenten (Eddie Constantine) sowohl von den Amerikanern als auch von dem einflussreichen »Zentropa«-Besitzer (Udo Kier) benutzt wird. Nachdem er sich in die Tochter (Barbara Sukowa) von Letzterem verliebt, muss er seine Neutralität aufgeben.
»Europa« ist Lars von Triers letzter Teil seiner Europa-Trilogie, die er mit »The Element of Crime« (1984) begann und mit »Epidemic« (1987) fortführte. Anfangs in Schwarzweiß, später in Farbe gedreht, wird die Reihe von einer morbiden und hypnotischen Grundstimmung geprägt und verarbeitet in ihrer Bildsprache klassische Vorbilder vom Stummfilm über den Film noir bis hin zu Alfred Hitchcock und Carl Theodor Dreyer.
»Ich versuche, auch aus kleinen Rollen das Maximum herauszuspielen. Mit Gesten, einem Akzent oder vielleicht einem bestimmten Accessoire. Es ist eine Gratwanderung. Du darfst nie aus einer Nebenrolle eine Hauptrolle machen wollen. Sonst schneiden sie sofort deine besten Szenen raus.«
»Revelation« - das ist das Erfolgsrezept von Udo Kier, dem »König der Nebenrollen«. Er hat das geschafft, wovon so viele träumen: Udo Kier gehört zu den wenigen Deutschen, die in Hollywood Erfolg haben. Er bleibt meistens im Hintergrund, aber sein Gesicht kennt jeder. Seine Filmographie scheint endlos zu sein, eine bunte Mischung aus Blockbustern und Kunst, Trash und Kommerz. Wie hat er das gemacht? Was muss man tun, um in der Traumfabrik mitzumischen?
Motto Nummer 1: »Das Leben ist die beste Schauspielschule.« Schon die dramatischen Umstände, unter denen Udo Kier auf die Welt kam, sind hollywoodreif. Er wurde während des Zweiten Weltkriegs in einem Krankenhaus in Köln geboren, und als die Krankenschwester eines Abends alle Neugeborenen einsammelte, um sie zurück auf die Säuglingsstation zu bringen, bat Kiers Mutter um einige weitere Minuten mit ihrem Kind. Eine Bitte, die dem Baby das Leben rettete, denn kurz darauf wurde das Krankenhaus bombardiert, und alle anderen Säuglinge starben. Udo Kier und seine Mutter konnten lebend aus den Trümmern geborgen werden. Ein wirklich außergewöhnlicher, aber passender Start ins Leben des späteren Ausnahmeschauspielers.
Kier wuchs ohne Vater in sehr einfachen Verhältnissen auf. Er wollte raus aus dem Milieu und Schauspieler werden; Traumwelten haben ihn schon immer fasziniert. Nach der Schule machte er allerdings eine Ausbildung zum Großhandelskaufmann und arbeitete bei Ford am Fließband. Ihm war aber von Anfang klar, dass das nicht zu ihm passte und er lieber etwas Kreatives machen wollte. In den 1960ern begann er tatsächlich mit der Schauspielerei und entwickelte sich schnell zur Kultfigur.

Artikel vom 21.07.2005