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Entschlossen auf
Moderne gesetzt

Dirigent Gerd Albrecht wird 70

Von Barbara Sell
Hamburg (dpa). Er gehört zu den Künstlern, die nie ein Blatt vor den Mund nehmen und sich immer wieder auch kulturpolitisch engagieren: Gerd Albrecht. Heute wird er 70 Jahre alt.
Eigensinn und Courage: Gerd Albrecht.Foto: dpa

Mit Eigensinn und Courage hat der Dirigent zeit seines Lebens in Konzertsaal und Oper nicht nur entschlossen auf die Moderne gesetzt, sondern ebenso vehement längst verschollen geglaubte oder zu Unrecht unterschätzte Werke der Musikgeschichte wieder ans Licht geholt. Zur Renaissance eines Alexander Zemlinksy oder eines Franz Schreker hat Albrecht entscheidend beigetragen.
Albrecht hatte erstaunlich früh Erfolg in seinem Metier. Als Sohn des Musikwissenschaftlers Hans Albrecht und der Pianistin Hildegard Kleinholz in Essen geboren, war er nach musik- und kunsthistorischen Studien und Meisterkursen bei dem Hamburger Dirigenten Wilhelm Brückner-Rüggeberg praktisch mit 22 Jahren startbereit für eine rasante Dirigentenkarriere. So hatte er bereits als 27-Jähriger den Generalmusikdirektoren (GMD)-Posten in Lübeck inne. Von 1966 bis 1972 amtierte er in gleicher Funktion in Kassel, anschließend ging er als musikalischer Oberspielleiter an die Deutsche Oper Berlin.
Bereits als GMD in Kassel gelang es ihm, seinen Einsatz für die zeitgenössische Musik mit »Gesprächskonzerten« pädagogisch wirkungsvoll zu untermauern. Albrecht war auch einer der Ersten, der als Orchesterchef reine Kinder- und Jugendkonzerte initiierte. Er hatte früh erkannt, dass die Sinfonieorchester nur überleben können, wenn sie gezielt auf junge Hörer zugehen. Mit enormem Elan setzte er diese Arbeit auch in Hamburg fort, wo er als GMD mit dem Komponisten Peter Ruzicka von 1988 an der Hamburgischen Staatsoper vorstand. Auch auf künstlerischem Gebiet waren die neun Jahre der Ära Albrecht/Ruzicka eine fruchtbare und belebende Zeit. Herausragende Neuproduktionen brachten dem Haus wieder weltweite Resonanz.

Artikel vom 19.07.2005