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Ein grandiose 200-Kilometer-Tour

Das »Team Gerolsteiner« und Georg Totschnig feiern den Etappensieg


Saint-Lary-Soulan (dpa). Die beiden österreichischen Reporter hätten beim Jubeln leicht die Decke erreicht, wäre das Zeltdach des mobilen Pressezentrums nicht etwa sechs Meter hoch gewesen. Nach Georg Totschnigs Erfolg im Ziel der 14. Tour-Etappe in Ax-3-Domaine in den Pyrenäen lag die Alpenrepublik im Tour-Taumel.
Auch der Held des Tages verkraftete den ersten Etappensieg eines Österreichers seit Max Bullas Erfolg (1931) nur schwer: Im Ziel brach Totschnig nach seinem eindrucksvollen Vorausfahrt über fast 200 km völlig erschöpft zusammen. Der 34-jährige Profi aus dem Gerolsteiner-Team hatte sogar dem vehement nachsetzenden Lance Armstrong widerstanden.
»Auf dem letzten Kilometer hab ich ihm gesagt: Genieße den Erfolg - du kannst nicht mehr eingeholt werden. Aber Georg hat gar nichts mehr gehört«, erzählte Team-Manager Hans-Michael Holczer, der sich im dritten Tour-Jahr nach dem ersten Etappensieg für sein Team endlich ernst genommen fühlt. »Das war emotional der größte Erfolg für uns«, befand der frühere Realschul-Lehrer, 2004 auch Regisseur des sagenhaften Dreifach-Erfolges von Davide Rebellin bei den Klassikern Amstel Gold Race, Lüttich-Bastogne-Lüttich und Flèche Wallonne.
Totschnig, im Vorjahr in Paris Siebter, war im Ziel von der Anstrengung und Freude so überwältigt, dass er schluchzend zusammenbrach und immer wieder seiner Familie dankte. Sogar sein sonst recht fließendes französisch war dem Tiroler offenbar entfallen, als ihn das Fernsehen interviewte. Dass er vergessen hatte, bei 35 Grad vor der weltweiten TV-Öffentlichkeit sein Trikot zu schließen, um den Sponsor-Namen sichtbar zu machen, konnten die Geldgeber aus Gerolstein an diesem Tag sicher verschmerzen. »Ich habe am Schluss kaum noch etwas mitbekommen. Ich wusste nur, die kommen näher und habe alles gegeben«, sagte Totschnig, dessen »Lebenstraum« 56 Sekunden vor Armstrong in Erfüllung ging.

Artikel vom 18.07.2005