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Wo der unschuldigen Ziege
ein Denkmal gesetzt wurde
Eine Kreuzfahrt auf der Mosel bringt Genuss für Auge und Gaumen
Lieblich ist der Moselwein - ein guter Tropfen, der so recht in die Landschaft passt! Gemütlich schlängelt sich der Fluss durch grüne Weinberge und schroffe Felsen - einige von ihnen zählen zu den steilsten Anbauflächen edler Reben weltweit.
Morgens um fünf hat die MS Heidelberg Koblenz verlassen. Das Deutsche Eck mit dem mächtigen Reiterstandbild von Kaiser Wilhelm I. bleibt im Licht der aufgehenden Sonne achteraus zurück. Wohl dem, der so früh schon an Deck ist: Das Schiff tuckert gemütlich zwischen hübschen Dörfern hindurch. Der Duft frisch gebackener Croissants zieht durch die Schiffs-Lounge, wo das Early-Bird-Frühstück serviert wird.
Zwar ist die weltberühmte Burg Eltz bei Moselkern vom Fluss aus nicht zu sehen - das bewahrte sie übrigens vor der Zerstörung durch die Franzosen - doch befinden sich längs des Stroms viele nicht minder trutzige Festungen. Zu ihnen zählt die Reichsburg in Cochem.
Etwa um das Jahr 1000, so wird allgemein angenommen, wurde unter Pfalzgraf Ezzo, Sohn und Nachfolger von Pfalzgraf Hermann Pusillius, die Burg Cochem erbaut. Nachdem im März 1689 die ganze Stadt von französischen Truppen okkupiert war, wurde die Burg am 19. Mai 1688 in Brand gesteckt, unterminiert und gesprengt. Lange Zeit blieb sie Ruine, bis 1868 der Berliner Kaufmann Louis Ravené das Grundstück für 300 Goldmark kaufte und die Burg wieder aufbauen ließ.
Cochem ist natürlich, wie viele Orte an der Mosel, vom Weinbau geprägt. Einzigartig ist indes ein kurioses Denkmal: Es ist einer Ziege gewidmet, die durch die Weinberge streifte und angeblich die Trauben gefressen haben soll. Der vermeintlich geschädigte Winzer erwirkte nach Art der Hexenprozesse einen Richterspruch, nach dem das arme Tier in einer Weinpresse zerquetscht wurde. Da aber roter und kein weißer Saft herausrann, oh Wunder, wurde die Ziege posthum »freigesprochen« - denn Rotwein wird an der Mosel erst seit kurzem angebaut.
Es ist unverkennbar: Einige Weinberge werden nicht mehr bewirtschaftet. Stattdessen säumen Campingplätze den Fluss. Die Cochemer haben sich ihren eigenen Reim darauf gemacht: Kommst Du mit dem Weinbau nicht mehr klar, trotz Plagen und trotz Misten, dann werde klug im nächsten Jahr und züchte Dir Touristen.
Eine Moselkreuzfahrt ist natürlich die bequemste Art, den Fluss zu erleben. Die MS Heidelberg gleicht von Ausstattung und Ambiente der ebenfalls der Reederei Deilmann gehörenden MS Deutschland - so wird das Traumschiff-Gefühl nahtlos auf die Flussreise übertragen. Und so erklingt als I-Tüpfelchen die bekannte Titelmelodie von James Last bei jedem Ablegen.
Während die Weinberge vorbeiziehen, spielen die Gäste an Deck Schach oder Shuffleboard, üben sich auf dem Putting Green oder sonnen sich.
Auf dem Weg nach Traben-Trarbach ist es Zeit für das Gala-Dinner an Bord. Chefkoch René Meyer hat mit seinem Team wahre Köstlichkeiten zubereitet. Und zu Rotbarbenfilet auf Bärlauchnudeln gibt es natürlich nicht »Zeller Schwarze Katz« oder »Kröver Nacktarsch«, sondern edle Tropfen. Schade, dass ausgerechnet die Vorbeifahrt am steilsten Weinberg Europas nahe Bremm in die Essenszeit fällt. Einige Passagiere zieht es dennnoch mit Kameras bewaffnet an Deck, um zwischen Entenconsommé und Kalbsrücken an Morchelrahmsauce die schroffen Felsen zu sehen, zwischen denen die Weinstöcke stehen.
Wenn man bedenkt, dass jeder Weinstock mindestens 17 Mal pro Saison sorgfältige Bearbeitung benötigt, kann man den schweren Job der Winzer ermessen.
Am nächsten Morgen erreicht das Schiff Bernkastel-Kues. Die Innenstadt ist ein wahres Schatzkästchen: Gut erhalten sind die historischen Häuser - dort sieht man kein aufgenageltes Pseudo-Fachwerk wie in Cochem. Wer Ruhe sucht, steigt zur Burg Landshut hinauf und genießt den Blick über das Tal.
Bei der Weiterfahrt bietet sich den Gästen ein imposantes Schauspiel. Hinter der Schleuse Wintrich übt Peter Scheffer mit seinem 330-PS-starken Motorboot für die Wasserski-Show, die schon die »Wetten, dass...?«-Zuschauer begeistert hat. Spektakuläre Wende- und Stopmanöver lassen die Kreuzfahrer applaudieren.
Dann kommt auch schon Trier in Sicht. Deutschlands älteste Stadt bildet den Endpunkt der Reise.
Eine Moselkreuzfahrt auf der »MS Heidelberg« ist übrigens vom 1. bis 8. Oktober als Leserreise des WESTFALEN-BLATTes zu buchen. Auskunft: Telefon 0521 / 5299630.Thomas Albertsen

Artikel vom 23.07.2005