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Beeindruckt von der Authentizität

Paul Spiegel eröffnet Gedenkstätte im Keller des Herforder Rathauses


Von Ruth Matthes (Text)
und Jörn Hannemann (Foto)
Herford (WB). Paul Spiegel, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland und Ehrenmitglied des Herforder Kuratoriums Erinnern, Forschen, Gedenken, hat gestern Abend die neue Gedenkstätte im ehemaligen Zellentrakt des Herforder Rathauses der Öffentlichkeit übergeben. Zuvor hatte er sich in das Goldene Buch der Stadt eingetragen.
In dem von 1917 bis 1963 als Polizeigewahrsam genutzten Zellentrakt begann in den Jahren 1933 bis 1945 für zahlreiche Opfer des NS-Regimes aus Kreis und Stadt Herford ein langer Leidensweg. Die Inhaftierten wurden in der Wache durch die Kriminalpolizei und die Gestapo vernommen. Für viele Menschen jüdischen Glaubens, Zwangsarbeiter, Zeugen Jehovas, politische Gefangene und andere waren die Zellen ein Ort der Ungewissheit und Angst. Sie waren eine Station auf dem Weg in Haftanstalten, Konzentrations- und andere Lager oder zum Todesurteil vor Gericht.
An diese Menschen und ihre Schicksale wird in der Gedenkstätte erinnert. Die Außenstelle des Städtischen Museums und des Herforder Archivs soll vor allem als außerschulischer Lernort genutzt werden.
Dieser didaktische Ansatz stieß bei Paul Spiegel auf große Zustimmung. »Wenn Jugendliche keine Kenntnisse über die Geschichte haben, sind sie anfällig für geistige Attacken von rechts«, erklärte er. »Hier wird die Geschichte personalisiert. Das spricht junge Menschen an.« Er hoffe daher, dass künftig viele Lehrer einen Besuch der Gedenkstätte in ihren Unterricht einplanen werden.
Sehr wichtig für die nachhaltige Vermittlung der Historie sei auch die Tatsache, dass es sich um einen authentischen Ort handele, der -Êim Gegensatz zum Berliner Mahnmal, bei dessen Eröffnung er vor zwei Monaten gesprochen habe - einen konkreten Bezug zu Tätern und Opfern habe.

Artikel vom 19.07.2005