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Piraten entern
Lastkähne auf
dem Rhein

»Schiffssurfer« bedrohen Kapitäne

Von Alexandra Balzer
Düsseldorf (dpa). Das »Schiffssurfen« hat sich zu einem »Trendsport« entwickelt, der Kapitänen das Leben schwer macht. »Das ist kein Spaß mehr«, sagt Ramon van der Maat von der Duisburger Wasserschutzpolizei und spricht damit bundesweit vielen Binnenschiffern aus der Seele.
Übermütige Jetski-Fahrer gefährden Schwimmer und den Frachtverkehr. Foto: dpa
»Vor ein paar Wochen hat ein Kapitän einen Notruf abgesetzt, weil sein Schiff von vier Jugendlichen geentert wurde«, erzählt van der Maat. Die »Freizeit-Piraten« waren auf dem Rhein-Herne-Kanal an Bord geklettert und hatten aus Spaß Sachen ins Wasser geworfen. »Ein Polizeihubschrauber hat die Bande am Ufer gesichtet, so dass wir sie stellen konnten«, freut sich van der Maat. Weniger erfreulich, nämlich mit einer Anzeige, endete das Abenteuer für die »Piraten«. Bußgelder von bis zu 250 Euro können verhängt werden. Doch meist fischt die Polizei in solchen Fällen im Trüben - die Rüpel können entwischen.
An anderen Stellen gefährden Jetski-Fahrer gerade an Wochenenden hunderte Ufer-Pendler. »Die wollen sich zeigen und nehmen auch das Risiko eines Zusammenstoßes in Kauf«, schildert die Betreiberin einer Rhein-Fähre das Verhalten einiger »Biker«. Dabei ist das Zick-Zack-Fahren und das Kreiseln mit den meist mehr als 100 PS starken Wassermotorrädern auf Rhein und Weser lediglich in fünf extra ausgewiesenen Bereichen gestattet.
Die meisten Unfälle ereignen sich nicht, sie werden verschuldet: Darauf weist auch die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hin. Denn anders als im Straßenverkehr können Schiffsführer »nicht mal eben so bremsen«. Bei einer Vollbremsung kommt ein Schiff zum Beispiel erst nach mehreren hundert Metern zum Stillstand, erklärt van der Maat. Der »tote Winkel« beträgt oft 200 Meter und mehr.
Auch die »Brückenspringer« sind Polizei und Rettungskräften ein Dorn im Auge: »Immer wieder geht so eine Mutprobe daneben«, sagt van der Maat und erzählt, wie sich ein junger Mann noch vor kurzem bei einem Sprung verschätzt hat: »Der wollte wohl den Mädels imponieren und ist gegen eine Bordwand geschlagen«. Er schwebt in Lebensgefahr. Die droht auch Schwimmern, die Strömungen und Sog unterschätzen.
»Wenn sie sich die Füße im Wasser abkühlen, dann ist das okay«, so van der Maat. Doch wenn Kinder schon bis zur Badehose im Wasser stehen, wird es gefährlich: »Die erste Welle wirft sie um, die zweite nimmt sie mit.« »Wer leichtsinnig und zu sorglos ist, bringt sich und andere in Gefahr«, warnt die DLRG. Mehr als 50 000 ehrenamtliche Lebensretter haben 2004 bundesweit 692 Menschen vor dem Ertrinken bewahrt. Für 84 Menschen in Nordrhein-Westfalen kam jede Hilfe zu spät. Das bevölkerungsreichste Bundesland steht laut DLRG damit im Ländervergleich auf Rang zwei hinter Bayern (89).

Artikel vom 16.07.2005