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Wer hatte da mehr Angst?
Was tun, wenn unter dem Bett ein Monster wohnt?
Erfahrungen der ganz eigenen Art hat Tim gemacht. Welche? Lest mal diese Geschichte.
Seit einigen Wochen hat Tim ganz dunkle Ränder unter den Augen. Das kommt daher, weil er nicht mehr gut schläft. Tim hat nämlich fürchterliche Angst vor dem Monster, das unter seinem Hochbett wohnt.
Gesehen hat er es noch nicht, aber er ist sich ganz sicher, dass unter seinem Bett ein schrecklich grünes Wesen mit fünf Augen, drei Armen und fünftausend schlecht geputzten Zähnen sitzt. Und zwar immer dann, wenn seine Mutter das Licht in seinem Zimmer ausmacht. Wenn die schwach scheinende Lampe des Flures die Schatten in Tims Zimmer tanzen lässt, hält er den Atem an und lauscht. Und immer dann hört er Geräusche. Geräusche, wie nur Monster sie machen können.
Tim ruft natürlich sofort seine Eltern. Diese schalten das Licht in seinem Zimmer an, schauen unter das Bett und erklären ihrem Sohn, dass absolut gar nichts und niemand darunter sitzt. Aber das war Tim schon klar. Natürlich verschwinden Monster, wenn das Licht angeht und tauchen erst wieder auf, wenn es dunkel ist. Schließlich sind sie schlau. Aber das wollen seine Eltern einfach nicht glauben.
Tims Angst wächst jede Nacht ein Stück. Eines Abends ist es so schlimm, dass er es nicht mehr aushalten kann. So kann es nicht weitergehen.
»Mut tut gut« hat er in einem Buch gelesen, und so nimmt Tim einfach sein Ritterschwert mit ins Bett. Wenn seine Eltern ihm nicht glauben, muss er den unheimlichen Unterm-Bett-Sitzer eben selbst vertreiben.
Tims Herz klopft ganz laut und schnell. Seine Hände, die etwas feucht sind, umklammern das Ritterschwert. Vorsichtig steigt er die Sprossenleiter seines Bettes hinunter. Vor Angst zittert er. Dennoch schiebt er die Vorhänge, die unter seinem Bett befestigt sind, zur Seite und blickt in die halbdunkle Höhle. Und er erschrickt.
Denn vor ihm sitzt ein schrecklich grünes Monster mit fünf weit aufgerissenen Augen. In seinen drei Händen hält es jeweils eins von Tims schönen Cityflitzer-Autos. Aber es sieht weder gefährlich, noch Furcht einflößend aus. Es scheint eher ängstlich zu sein. Vor lauter Schreck lässt es die Autos aus den Händen fallen und hält sich drei der fünf Augen zu.
»Bi-bi-bitte tu mir nichts«, stammelt es mit Piepsstimme.
»Du hast Angst vor mir?«, wundert sich Tim und bemerkt, dass er das Ritterschwert noch in den Händen hält. Weil das kleine Monster so freundlich und nett aussieht, wirft Tim seine Waffe beiseite.
»Was machst du denn unter meinem Bett?«, will er wissen. »Ich spiele nur mit deinen tollen Autos!«, erklärt das Glibbermonster und zeigt auf den roten Porsche, der von alleine saust, wenn man ihn zurückzieht. »So etwas gibt es bei uns nicht«, erzählt es traurig und fragt Tim, was denn das orangefarbene für ein Auto sei.
»Das ist ein Gabelstapler«, sagt Tim und erklärt dem interessierten grünen Wesen, was man mit einem Gabelstapler alles anstellen kann. Es staunt mit all seinen großen Augen. Und ehe sich Tim versieht, sind die beiden mitten im Spiel. So muss es sein, wenn man einen Bruder hat, denkt Tim und freut sich, endlich einen Spielkameraden zu haben.
Angst hat er seitdem keine mehr, aber die Ränder unter seinen Augen sind auch nicht verschwunden. Vielleicht liegt es daran, dass er nachts nicht mehr ganz so viel schläft.

Artikel vom 23.07.2005