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Sicherheitspersonal führt
Aktionärin aus der Stadthalle

»Letzte AVA-Hauptversammlung« hat ein Nachspiel vor den Gerichten

Von Bernhard Hertlein
Gütersloh/Bielefeld (WB). Kurz nach 15 Uhr war der Eklat da: Sicherheitspersonal führte die Aktionärin Caterina Steeg aus dem Versammlungsraum der Gütersloher Stadthalle. Kleinaktionäre kündigten daraufhin an, die Beschlüsse der AVA-Hauptversammlung vor Gericht anzufechten.

Vorausgegangen war zum wiederholten Mal ein heftiger Disput zwischen dem Edeka-Vorstandsvorsitzenden und Aufsichtsratschef der Bielefelder AVA Allgemeine Handelsgesellschaft der Verbraucher AG, Alfons Frenk, und einer Aktionärin.
Die frühere Studentin und heutige Mitstreiterin des auf vielen Hauptversammlungen als Opponent auftretenden Würzburger Aktionärsschützers Dr. Eckard Wenger, Caterina Steeg, stellte während der zweitägigen Hauptversammlung eine schier unübersehbare Zahl von Detailfragen, die sich vor allem auf das BDO-Gutachten zur Bewertung der AVA bezogen. Abschlüsse von Tochterfirmen, die sie einforderte, wollte sie nur mit original Unterschriften akzeptieren. Als Frenk sich weigerte, verlangte sie zeitweise eine Unterbrechung der Hauptversammlung auf unbestimmte Zeit, um im Handelsregister in Bielefeld »Einblick in die Originalurkunden« nehmen zu können. Zusätzlich provozierte sie durch betont langsames oder schnelles Sprechen und Wiederholen ihrer Fragen. Wurde sie von Frenk unterbrochen, wehrte sich Steeg mit lauter, sich überschlagender Stimme.
In einer dieser Situationen kam es zum Eklat. Die Aktionärin missachtete die Aufforderung und zweimalige Mahnung Frenks, ihre Zwischenrufe zu unterlassen. Daraufhin forderte der Versammlungsleiter sie auf, den Saal zu verlassen. Als Steeg sich weigerte, wurde sie von Sicherheitskräften aus der Stadthalle geführt.
Manfred Klein (Saarbrücken) und Karl-Walter Freitag (Köln), die wie Steeg ihre Fragen gern in lange Wortbeiträge kleideten, werteten den Ausschluss ihrer Mitaktionärin sofort als Beweis für die Unrechtmäßigkeit der Hauptversammlung. Klein forderte erneut und ohne Erfolg die Absetzung Frenks als Versammlungsleiter.
Der Edeka-Chef aber zog nun die Zügel an - Êunter anderem durch Begrenzung der Redezeiten. Damit stieß er auch bei Dr. Peter Dreier, dem Vertreter der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz, auf Kritik.
Hinterfragt und kritisiert wurde während der Hauptversammlung die Mitwirkung von AVA-Vorständen in Edeka-Strategiebeiräten. Dadurch hätten sie vor der Veröffentlichung bereits Kenntnis von dem geplanten Squeeze out (»Zangsenteignung«) der Aktionäre besessen. Der für die Bewertung zu Grunde gelegte neue IWD-Standard benachteilige die verbliebenen knapp fünf Prozent Kleinaktionäre. Nach altem Standard, so der AVA-Vorstandschef, liege der Wert je Aktie bei knapp 37 Euro; mehr als die von der BDO errechneten knapp 31 Euro, aber immer noch weniger als die von der Edeka gebotenen 45,32 Euro.
Dreier monierte, dass auch noch andere Basisdaten einseitig zu Gunsten der Edeka festgelegt worden seien. Klein »deckte auf«, dass der Vorsitzende des AVA-Aktionärsvereins Manfred Krüger einige Aktien zu einem geringfügig über dem Abfindungsangebot liegenden Kurs verkaufte. Steeg ging es unter anderem um die nach ihrer Meinung nicht ordnungsgemäße Bewertung von Grundstücken. Freitag bezog sich auf die von der Edeka vorgenommene Beauftragung der Hirsch-Treuhand mit dem AVA-Aktienkauf und fragte, wie diese Firma an die Daten der Aktionäre gekommen sei.
Kurz vor 20 Uhr war es dann soweit: Mit 99,64 Prozent der Stimmen votierte die Hauptversammlung für die Übertragung der Anteile der Minderheitsaktionäre auf die Edeka. Ein halbes Dutzend der Anwesenden gab ihren Widerspruch noch vor Ort zu Protokoll. Die Auseinandersetzung wird also weiter gehen -Êwohl vor den Gerichten.

Artikel vom 15.07.2005