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Klinikärzte gehen
auf die Straße

Auch in Westfalen drohen Streiks

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). In den nordrhein-westfälischen Krankenhäusern droht ein Ärztestreik. Nach Angaben des Marburger Bundes sind erste Protestaktionen schon nach den Sommerferien möglich.

Während mehrerer Bezirksversammlungen des Ärzteverbandes Marburger Bund in Westfalen-Lippe haben in den vergangenen drei Wochen bereits mehr als 400 Mediziner gegen die befürchteten massiven Gehaltsverluste durch den bevorstehenden Übergang vom Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) zum neuen Tarifvertrag (TVöD) protestiert. Die Ärzte würden bereits seit Jahren durch Millionen nicht bezahlter Überstunden die Krankenhäuser subventionieren, sagte Dr. Theodor Windhorst (Bielefeld), Mitglied des Vorstandes der Ärztekammer Westfalen-Lippe, dieser Zeitung.
Nur durch diesen Verzicht der Ärzte auf Freizeit könne die Versorgung der Patienten noch gewährleistet werden. Windhorst: »Durch den neuen Tarifvertrag, der vom 1. Oktober 2005 an zunächst für den Bereich des Bundes und der Kommunen gelten wird, drohen den Krankenhausärzten weitere massive Einkommensverluste von bis zu 15 Prozent.« Dies könne angesichts des Ärztemangels nicht hingenommen werden. Allein in Nordrhein-Westfalen könnten derzeit 850 Arztstellen in Kliniken nicht besetzt werden. Hunderte hoch qualifizierter junger Mediziner flüchteten jedes Jahr ins Ausland, da die Arztgehälter hierzulande im europäischen Vergleich nicht mehr konkurrenzfähig seien. Windhorst: »Nach einer britischen Gehaltsstudie bilden die deutschen Klinikärzte mittlerweile beim Einkommen das Schlusslicht in Europa.« Eine geregelte und deutlich geringere Arbeitszeit gebe es in Großbritannien, den Niederlanden, der Schweiz oder in Skandinavien.
An den Universitätskliniken in Baden-Württemberg, Hessen und Berlin soll es vom 1. August an zu mehrtägigen Streiks kommen. Höhepunkt ist ein nationaler Protesttag der Klinikärzte am Freitag, 5. August in Berlin, um auf die »unzumutbaren Arbeitsbedingungen und die miserable Einkommenssituation aufmerksam zu machen«. Nach Angaben des Marburger Bundes werde es in vielen der bundesweit 2220 Krankenhäuser an dem Protestfreitag dann nur noch eine Notbesetzung geben, um die Versorgung der Patienten zu sichern.

Artikel vom 15.07.2005