15.07.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein menschliches Schicksal

Juliane Köhler und Matthias Brandt als Ehepaar im Arte-Film

Arte, 20.45 Uhr: Wohin gehört ein Kind? Zu den Eltern um jeden Preis? Oder dorthin, wo ihm die besten Bildungschancen gegeben werden? Eine Frage, die in einem spektakulären Fall über fünf Jahre die Rechtsprechung bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschäftigt hat. Der Gerichtshof entschied zu Gunsten der Eltern.

Dieser Fall und andere ähnliche bildeten die Vorlage für »In Sachen Kaminski«. Juliane Köhler, zuvor die Eva Braun im Kinoerfolg »Der Untergang«, ist hier die Mutter Petra Kaminski. Sie hatte alle Dokumentationen über den authentischen Fall gesehen, sich aber geweigert, die »echte« Mutter zu treffen.
»Das hätte mich sehr belastet, und ich käme mir wie eine Ausbeuterin vor«, sagt Köhler. Gerade weil sie sich, selbst Mutter zweier Kinder, von dieser Geschichte stark angerührt fühlte. Ihr Film-Ehemann Kaminski ist Matthias Brandt. Beide spielen ein herzensgutes, nur etwas schlichtes Ehepaar, dessen fünfjährige Tochter trotz erkennbar guter Anlagen das Niveau einer Dreijährigen hat.
Das Jugendamt greift ein. Das Kind wird den Eltern trotz verzweifelter Proteste weggenommen und schließlich sogar Pflegeeltern (Aglaia Szyszkowitz und Heikko Deutschmann) überlassen. Der Kampf beginnt, einer mit ungleichen Mitteln zunächst - bis sich eine tüchtige, persönlich engagierte Anwältin, gespielt von Anneke Kim Sarnau, einschaltet.
Regie führt Stephan Wagner. Das außergewöhnliche Thema verlangte eine besondere Arbeitsweise. Juliane Köhler: »Matthias Brandt hatte schon mehrfach mit Stephan zusammengearbeitet, für mich war es das erste Mal. Und wir haben, ungewöhnlich fürs Fernsehen, eine volle Woche gemeinsame Probenzeit gehabt.« Das Ergebnis: »Wir zeigen, glaube ich, einfach zwei Menschen, bei denen der Bildungsstand gar nicht so entscheidend ist. Es ist einfach ein menschliches Schicksal, an dem wir teilhaben zu können.«
Ist der Film am Ende ein wenig zu hautnah realistisch? Der Sender (SWR) schien das zeitweilig zu meinen, und Juliane Köhler ist noch immer verärgert: »Ich habe noch nie erlebt, dass sich so sehr in eine Arbeit eingemischt und versucht wurde, das ganze zum melodramatisch Sentimentalen hin- zuziehen.«

Artikel vom 15.07.2005