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Suche nach den Hintermännern

Britische Polizei vermutet El Kaida hinter den Selbstmordanschlägen

London (dpa). Die britische Polizei sucht nach den Selbstmordattentaten von London mögliche Hintermänner aus Kreisen des Terrornetzes El Kaida. Darauf konzentrieren sich die Ermittlungen, wie britische Medien gestern unter Berufung auf hochrangige Sicherheitsquellen berichteten.

Die aus der Region um Leeds stammenden vier muslimischen Terroristen im Alter zwischen 19 und 30 Jahren hätten nicht die Möglichkeiten gehabt, den Plan für die Tat selbst zu erstellen, geschweige denn die Bomben selbst zu bauen, hieß es.
»Es besteht die Möglichkeit, dass irgendjemand von El Kaida zur Vorbereitung in unser Land geschickt wurde und es dann am Tag vor dem Anschlag wieder verlassen hat«, wurde eine Quelle zitiert. Jetzt müsse der Ursprung des verwendeten Sprengstoffs ermittelt werden, um so auch dem eigentlichen Bombenbauer auf die Spur zu kommen.
Gleichzeitig wurden Befürchtungen laut, es könnten weitere Anschläge im Vereinigten Königreich vorbereitet werden. Bei den ersten Selbstmordanschlägen auf britischem Boden waren am vergangenen Donnerstag in drei Londoner U-Bahnen und einem Doppeldeckerbus mindestens 52 Menschen getötet und 700 verletzt worden.
Bei den mutmaßlichen Attentätern handelt es sich nach Berichten um vier befreundete Briten pakistanischer Herkunft, die aber allesamt im Vereinigten Königreich geboren sind und dort auch aufwuchsen. Freunde des mutmaßlichen Terroristen Shahzad Tanweer (22) sagten, dieser sei in den vergangenen sechs Monaten nach Afghanistan und Pakistan gereist. Dies könne darauf hindeuten, dass Tanweer ein El-Kaida-Trainingscamp besuchte, hieß es.
Die Täter waren den Angaben nach nie aufgefallen oder mit dem Gesetz in Konflikt geraten. »Wie viele unbeschriebene Blätter stehen noch auf Abruf bereit?«, zitierte die britische Presseagentur PA eine ranghohe Quelle bei den Sicherheitskräften. Weitere Anschläge wurden seitens der Polizei deshalb nicht ausgeschlossen. Nach Angaben der Boulevardzeitung »The Sun« unter Berufung auf Geheimdienstkreise sollen sich 200 solcher potenziellen Terroristen in Großbritannien aufhalten, die in El-Kaida-Camps ausgebildet worden seien.
Der Rat der Muslime in Großbritannien zeigte sich schockiert über die neuen Erkenntnisse. »Es sieht so aus, als seien unsere Jugendlichen in die schrecklichen Bombenanschläge gegen Unschuldige in der vergangenen Woche verwickelt«, sagte der Generalsekretär des muslimischen Dachverbands, Iqbal Sacranie. Er sicherte den Behörden erneut die Zusammenarbeit zu. »Durch nichts im Islam können die bösartigen Taten der Bombenattentäter gerechtfertigt werden«, sagte Sacranie weiter.
Scotland Yard hatte die Identität der Attentäter am Vortag durch akribische Untersuchungen ermitteln können, fünf Tage nach den Anschlägen. Nach Berichten war die Bombenexplosion in dem Bus wahrscheinlich nicht geplant. Die Bombe sollte in einer vierten U-Bahn explodieren. Die entsprechende Linie war aber am Donnerstag morgen gesperrt, hieß es.
»Ich kann nicht glauben, dass die vier jungen Männer auf eigene Faust handelten«, sagte auch Terrorismusexperte Professor Paul Wilkinson von der schottischen St. Andrews-Universität. Dafür seien die Anschläge zu gut koordiniert und zeitlich abgestimmt gewesen. Nach Berichten soll es sich um einen militärischen Sprengstoff gehandelt haben.

Artikel vom 14.07.2005