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Rüttgers »verordnet« Zuversicht

Erste Regierungserklärung - Abbau der Kohlesubventionen bekräftigt

Düsseldorf (dpa). Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hat die Bürger in seiner ersten Regierungserklärung dazu aufgerufen, trotz der großen Probleme des Landes mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken. »Verzagtheit und Angst, die es allenthalben gibt, müssen einem neuen Selbstbewusstsein weichen.«
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (r.) und sein Stellvertreter Andreas Pinkwart (FDP) freuen sich im Landtag nach der Regierungserklärung. Rüttgers äußerte sich zu den Grundzügen seiner Regierungspolitik. Foto: dpa

Der Weg des Landes in den kommenden Jahren werde anstrengend. »Er wird Opfer kosten, und jeder wird es merken.« Das Land habe aber die Kraft, die Probleme zu lösen. Dazu werde die Landesregierung »den Menschen mehr Freiheit geben, die gute Ideen umsetzen wollen«. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Hannelore Kraft nannte die Regierungserklärung enttäuschend. Rüttgers habe keine neuen Ideen, sondern schreibe an vielen Stellen die alte SPD-Regierungspolitik fort.
Ein Kernpunkt des Regierungsprogramms ist die Sanierung des mit 110 Milliarden Euro verschuldeten Landeshaushalts. »Unser Ziel ist ein verfassungskonformer Haushalt«, sagte Rüttgers. Dies werde nicht von heute auf morgen gelingen. »Aber es gelingt, wenn wir sofort damit beginnen«, so der Ministerpräsident. In der Landesverwaltung will die neue Regierung jährlich 1,5 Prozent der Stellen abbauen. Leistungsgesetze und Förderprogramme sollen um bis zu 20 Prozent gekürzt werden. Konkrete Angaben zu den Kürzungsplänen machte Rüttgers nicht.
Rüttgers bekräftigte das Ziel der neuen Landesregierung, die Subventionen für die Steinkohle auslaufen zu lassen. »Das ist möglich, ohne den Weg der sozialverträglichen Anpassung zu verlassen«, versicherte Rüttgers. Die RAG müsse aber dabei mitarbeiten. Der Regierungschef begrüßte die Pläne für einen Börsengang des Energiekonzerns. In Berlin will sich die neue Regierung für die Verringerung der Windkraft-Förderung einsetzen. Außerdem soll der Bau neuer Windräder erschwert werden.
Um Geld in die leere Landeskasse zu bekommen, will Rüttgers das noch vorhandene Landesvermögen verkaufen. Auch eine Verkauf der Landesbeteiligung an der WestLB werde geprüft. Auf der Verkaufsliste stehen auch die Wohnungen der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG). Die Fehlbelegerabgabe für Sozialwohnungen soll schrittweise abgeschafft werden.
Mit einer Bundesratsinitiative will sich die Landesregierung für eine Erhöhung des Kindergelds für sozial schwache Familien einsetzen. Für Kinder, die bislang eine monatliche Grundsicherung erhalten, solle das Kindergeld um 53 Euro auf 207 Euro erhöht werden. Dies ist der Satz, der ihnen nach der Grundsicherung zusteht. Mit dieser Neuregelung wäre »der Skandal, dass in Deutschland über eine Million Kinder in der Grundsicherung sind, beseitigt«, sagte Rüttgers.
Einen ersten Punkt aus dem Regierungsprogramm setzte der Schulausschuss des Landtags bereits gestern um. An den Grundschulen erhalten die Schüler der dritten Klassen auch weiterhin ein Halbjahreszeugnis.
Die Landesregierung gefährdet nach Ansicht des Bundesverbandes Erneuerbarer Energien (BEE) mehrere hundert Projekte im Bereich der Bioenergie. Wegen der Haushaltssperre müssten Bauern und Privatleute beim Einbau einer Biogasanlage oder einer Holzheizung ohne Landesmittel auskommen. »Wachstumsimpulse, wie sie heute in der Regierungserklärung von Jürgen Rüttgers angekündigt werden, sehen anders aus«, sagte BEE-Präsident Johannes Lackmann gestern in Paderborn.

Artikel vom 14.07.2005