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Untreue: Gericht
verurteilt Anwalt

Mit Mandantengeld Steuern bezahlt

Bielefeld (hz). Ein Bielefelder Rechtsanwalt ist gestern von Amtsrichterin Sigrid Brecht zu einem Jahr Bewährungsstrafe verurteilt worden. Der Jurist machte sich der Untreue schuldig - er hatte mit dem Geld eines verstorbenen Mandanten seine Steuerschulden beglichen.

Außerdem erhielt der Angeklagte eine Geldauflage von 2500 Euro, die er an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen hat. Der Rechtsanwalt, dem jetzt der Entzug der Zulassung droht, hatte zuvor ein volles Geständnis abgelegt. Demnach hatte der Jurist Anfang des Jahres 2000 für etwa vier Monate als Generalbevollmächtigter die Vermögensverwaltung für einen damals pflegebedürftigen 79-Jährigen übernommen. Als der Senior, der seinen Lebensabend im Altenheim Petri-Stift verbrachte, Ende Mai 2000 starb, transferierte der Anwalt von Juni 2000 bis März 2002 das hinterlassene Vermögen von 184 659,75 Mark (94 415,03 Euro) auf seine Konten. Grund: Der Jurist hatte existenzbedrohende Steuerschulden, die er mit diesem Geld zumindest teilweise begleichen konnte.
Die gesetzlichen Erben gingen dagegen leer aus. Zudem ist laut Testament des 79-Jährigen das Altenheim Petri-Stift Hauptbegünstigter. Dem Anwalt hatte der Verblichene nur 20 000 Mark zugedacht. Während der viermonatigen Vermögensverwaltung, rechtfertigte sich dagegen der angeklagte Jurist gestern vor Gericht, habe er ein freundschaftliches Verhältnis zum betagten Mandanten aufgebaut. Dieser habe ihm zugesichert, dass er bei »Problemen« jederzeit auf sein Geld zurückgreifen könne.
Der Jurist, der erklärte, angesichts weiterer Steuerschulden von 45 000 Euro das Erbe nicht zurückzahlen zu können, zeigte allerdings kein Unrechtsbewusstsein. Er sei mit der Verwendung des Geldes sowohl »moralisch« als auch »juristisch« im Recht gewesen. So bezweifelte der Anwalt vor Gericht, ob seine Rolle als Vermögensverwalter auch auf die Erben zutreffe.
Was die Generalstaatsanwaltschaft Hamm dazu sagt, bleibt abzuwarten: Die Behörde hat den Juristen um eine Stellungnahme in dieser Sache gebeten. Und wem das Erbe des 79-Jährigen wirklich zusteht, das hat nach Angaben des verurteilten Anwaltes vor kurzem ein Zivilgericht entschieden. Obwohl er das Urteil noch nicht kennt, wähnt sich der Ex-Vermögensverwalter nicht auf der Siegerseite. Er glaube, das Geld falle ans Petri-Stift, das Ansprüche am Erbe angemeldet habe.

Artikel vom 13.07.2005