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Der Künstler des Schreckens

Spektakuläre Goya-Ausstellung in der Alten Nationalgalerie in Berlin

Berlin (dpa). Mit Francisco de Goya ist der »Säulenheilige der spanischen Malerei« in einer sensationellen Ausstellung in Berlin angekommen.

Von heute an ist in der Alten Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel die seit langem größte Goya-Schau weltweit zu sehen. Die Macher erwarten einen ähnlichen Besucherandrang wie im vergangenen Jahr bei der spektakulären MoMA-Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie. Mehr als 80 Gemälde sowie zahlreiche Zeichnungen aus den Beständen internationaler Leihgeber und allein 40 aus dem Prado werden unter dem Motto »Der Prophet der Moderne« präsentiert. Sie illustrieren die bahnbrechende Vorreiterrolle Goyas in der europäischen modernen Malerei.
Der späte Goya gilt als »Künstler des Schreckens« und Visionär menschlicher Albträume, der immer wieder den aus dem Gleichgewicht geratenen Menschen darstellt wie kein zweiter großer Maler seiner Zeit. Nicht alle großen Bilder sind nach Berlin gekommen wie die »Nackte Maja«, die in Spanien als kulturelle Ikone gilt und nicht ausgeliehen wird. Zwei zentrale Räume in der Nationalgalerie sind dem »Karrieremaler« für Höfe und Paläste mit seinen großformatigen, farbenfrohen Entwürfen spanischen Landlebens für die königliche Teppichweberei oder den Adelsporträts (»Herzogin von Alba«) gewidmet, danach kommt der spätere Goya zur Geltung.
»Die Ausstellung zeigt eine schöne Scheinwelt, und dahinter wird es gruselig, mit den Szenen des Grauens und des Schreckens mit Hexen und Dämonen, Szenen von Mord und Totschlag und Vergewaltigung«, meint Kurator Moritz Wullen.
Der Titel von Goyas in Berlin zu sehender berühmten Federzeichnung »Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer« wurde zum geflügelten Wort in späteren gesellschaftspolitischen Debatten und Warnungen. Goyas Lithographien reflektieren schonungslos in bitterer Anklage soziale, kirchliche und politische Missstände seiner Zeit.

Artikel vom 13.07.2005