14.07.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Wenn Zootiere
plötzlich im
Dschungel landen

Zeichtrickfilm »Madagascar«

Wie würde wohl ein New Yorker reagieren, wenn man ihn auf einer einsamen Insel aussetzte? Diese Frage haben sich auch die Macher des Trickfilms »Madagascar« aus dem Hause DreamWorks (»Shrek«) gestellt - und phantasievoll beantwortet.

Statt Großstadtmenschen schicken sie jedoch Zootiere auf die Insel an der Südostspitze Afrikas. Die haben im Zoo des Central Parks in Manhattan ein bis dato unbeschwertes, wenn auch völlig der Natur entwöhntes Leben geführt. Im Dschungel allerdings werden sie mit all den Unwägbarkeiten der Wildnis konfrontiert, von denen sie in New York verschont geblieben waren, und auch ihre verschütteten Instinkte erwachen wieder.
Auslöser der Robinsonade ist das Zebra Marty, dem das Leben im goldenen Käfig zu langweilig wird und das daher kurzentschlossen ausbricht. Seine Freunde, der Löwe Alex, die Nilpferddame Gloria und die hypochondrische Giraffe Melman machen sich auf die Suche nach dem Ausreißer.
Die Menschen werten ihren Ausflug als Aufstand gegen das Eingesperrtsein im Zoo, fangen die vier wieder ein und schicken sie im Sinne des Tierschutzes in die vermeintliche Freiheit. Begleitet werden sie von einer Bande paranoider Pinguine, die eine umfassende Verschwörung der Menschen wittern.
Die Pinguine werden in der deutschen Fassung von den HipHoppern »Die Fantastischen Vier« synchronisiert. Vielleicht hätten professionelle und erfahrene Sprecher mehr von dem Witz transportiert, den die Pinguine visuell vermitteln. Eine bessere Wahl, was die deutsche Übersetzung angeht, traf man im Falle des Zebras Marty, das von Rick Kavanian (»Der Schuh des Manitu«) gesprochen wird, denn Kavanian hat als deutscher Stammsprecher von Mike Myers (»Austin Powers«) Erfahrung als Komödien-Synchronisateur gesammelt. Gut klingt auch Komiker Bastian Pastewka als Giraffe Melman. Er hatte bereits der Maus Stuart Little im gleichnamigen Film seine Stimme geliehen. Ein wenig blass bleibt Jan Josef Liefers (»Knockin' On Heaven's Door«) als Alex, der Löwe.
Unübertrefflich ist allerdings das deutsche Jackie Chan-Double Stefan Gossler als König des Lemurenstammes, auf den die vier Zivilisationsflüchtlinge treffen. Der komische Höhepunkt des Films ist die große Party der Affenbande, in deren Verlauf König Julien rappt und tanzt - fast eine moderne Version des berühmten Auftritts des Affenkönigs im »Dschungelbuch« (USA 1967).
Auch vor und nach der Party gibt es viele lustige Episoden, etwa die tägliche Show, die Alex und Marty den Besuchern ihres heimatlichen Zoos bieten. Allerdings sind auch kleinere Längen zu überstehen, in denen die Regisseure Eric Darnell (»Antz«) und Tom McGrath das Tempo des ansonsten flotten Geschehens ein wenig drosseln. Die Animationen sind - weil aus dem Computer kommend - perfekt, aber nicht lieblos. Passend untermalt werden sie von der Musik von Hans Zimmer, dem allgegenwärtigen Filmkomponisten Hollywoods. In den USA hat »Madagascar« auf Anhieb den Sprung an die Spitze der Kinocharts geschafft und innerhalb von zehn Tagen mehr als 100 Millionen Dollar eingespielt.

Artikel vom 14.07.2005