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Limes taugt
zum Kulturerbe

Lage des Kölner Doms »dramatisch«

Von Dietmar Kemper
Paderborn/Durban (WB). Der antike römische Grenzwall Limes hat gute Chancen, als Weltkulturerbe anerkannt zu werden. Die UNESCO wolle verstärkt großflächige Kulturlandschaften fördern, sagte der Leiter der zentralen Koordinationsstelle für die 27 deutschen Welterbestätten an der Universität Paderborn, Professor Ernst Bremer, dieser Zeitung.
Ernst Bremer leitet die Koordinationsstelle.

Auf 542 Kilometern Länge schlängelt sich der Limes durch Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern. Die Grenze zwischen Römern und Germanen wurde von Legionären in 120 Lagern und auf 900 Wachtürmen geschützt. Das UNESCO-Welterbekomitee entscheidet in dieser Woche in Durban in Südafrika über 42 Anträge. Neben dem Limes ist die Heidelberger Altstadt der zweite deutsche Bewerber für die Liste des Weltkulturerbes, auf der 788 Gebäude und Regionen verzeichnet sind.
Wird der Kölner Dom wegen der auf der rechten Rheinseite geplanten Hochhäuser von der Liste gestrichen? »Noch nie ist eine Weltkulturerbestätte hinausgeworfen worden«, sagte Bremer gestern.
Per Telefon lässt er sich über den Stand der Verhandlungen in Südafrika informieren. Weil die Sicht auf den Kölner Dom durch die Hochhäuser eingeschränkt würde, setzte die UNESCO die Kathedrale 2004 auf die Rote Liste. Bremer erwartet, dass die Entscheidung darüber, den Dom ganz von der Liste zu streichen, bis 2006 verschoben wird, nach dem Motto: »Wir halten euch solange auf der Roten Liste, bis ihr euch bewegt.« Nach der UNO sei die UNESCO mit 179 Staaten die zweitgrößte Weltorganisation, betonte Bremer: »Die UNESCO ist durchsetzungsfähig.«
Die Situation in Köln sei »sehr dramatisch«, die Domstadt habe die Auflagen der UNESCO-Charta von 1976 über das Umfeld von Stätten des Weltkulturerbes nicht eingehalten, die Verbannung von der Liste wäre für Köln und ganz Deutschland eine »Riesenblamage«. Nicht nur bei den Stadtvätern in Köln sei das Bewusstsein für den historischen Wert der Weltkulturerbestätten und die damit verbundenen Festlegungen mangelhaft ausgeprägt, beklagte Bremer: »Die Instandhaltung ist nicht überall gewährleistet.« Abgesehen vom Streit um den Kölner Dom befänden sich die übrigen Stätten in NRW, der Aachener Dom, die Schlösser Augustusburg und Falkenlust in Brühl sowie die Zeche Zollverein in Essen, aber in gutem Zustand.
Statt Gebäuden werde künftig das immaterielle Kulturerbe mehr Beachtung finden, beschrieb der Paderborner Professor die Zielrichtung der UNESCO. Dazu zählen Bräuche, Literatur und Musik. Das Kulturerbe trage zur nationalen und europäischen Identität bei und ermögliche eine wertungsfreie Vermittlung verschiedenster ästhetischer Positionen, betont die vor zwei Jahren eingerichtete zentrale Koordinationsstelle der 27 deutschen Welterbestätten.

Artikel vom 13.07.2005