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Modellversuch: Uni verlangt Eintritt

Gestern Probelauf mit »Mensakarte« gegen geplante Studiengebühr


Von Gerhard Hülsegge (Text und Foto)
Bielefeld (WB). Fünf Euro »Eintritt« sollten gestern Morgen die Studierenden der Universität Bielefeld bezahlen. Mit dem fiktiven »Probelauf« wurde gegen die von der neuen CDU/FDP-Landesregierung zum Sommersemester 2006 geplante Einführung von Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen protestiert.
Dabei folgten längst nicht alle der 17 000 eingeschriebenen Studentinnen und Studenten der Aufforderung, sich am Haupteingang rechts einzuordnen, wenn die geforderte »Mensakarte« nicht ein Mindestguthaben von fünf Euro aufweise. »Ich muss nur Bücher abgeben, ich studiere eigentlich in Paderborn«, versuchte Anna Schellenberg (23), Studentin der Sozialpädagogik, an Security-Mann Joscha Eickel vorbeizukommen, ohne zu »löhnen«. Marina Steiner, mit Töchterchen Josephine (acht Monate) auf dem Weg zur BWL-Vorlesung, verspürte auch wenig Lust, sich in die Liste der Mensakarten-Antragsteller einzutragen. Andere machten den Spaß mit oder gleich auf dem Absatz kehrt und genossen das sonnige Sommerwetter.
»Studiengebühren sind ein Schlag ins Gesicht einer finanziell schwachen Statusgruppe. Und man sieht, wie sie sich auswirken, wenn man das Vorhaben auf Einzelschicksale herunterbricht«, meinte Ingo Bowitz, Vorsitzender der Allgemeinen Studierenden-Ausschusses (AStA) zum WESTFALEN-BLATT. Dagegen hatte das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren Bielefeld (ABS) bereits mit einer ersten Aktion, der »Uni-Schließung«, aufbegehrt.
Für AStA und ABS sind Studiengebühren nichts anderes als die Erhebung von Eintritt für eine Bildungseinrichtung. Bei etwa 100 Vorlesungstagen pro Semester entsprechen die in Düsseldorf geplanten Gebühren (damit die Hochschulen Vermögen bilden und eigene Einnahmen erwirtschaften können) von 500 Euro einem Eintrittspreis von fünf Euro pro Tag. Für Bowitz unannehmbar. »Mehr als ein Drittel der Studierenden muss bereits jetzt neben dem Studium arbeiten, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen«, erklärte er.
Wirklich ausgesperrt wurde bei dem Modellversuch in Bielefelds Uni gestern übrigens niemand. Auch wenn einige den satirischen Charakter der Aktion nicht sogleich verstanden.

Artikel vom 13.07.2005