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Kampf gegen Rinderwahn geht weiter

Universität Göttingen von BSE-Lebend-Test überzeugt - Bundesinstitut reagiert skeptisch

Von Edgar Fels
Göttingen (WB). Die Rinderkrankheit BSE kann jetzt auch bei lebenden Tieren zuverlässig nachgewiesen werden. Das teilte gestern die Uni Göttingen mit. Bisher wird in der Praxis nur das Hirngewebe geschlachteter Rinder auf BSE getestet.
Eines von etwa 45000 Rindern hat statistisch gesehen BSE.

Mit der Methode, die auf spezifischen Erbgutreaktionen nach der Infektion beruhe, sei der Rinderwahnsinn bereits im Frühstadium nachzuweisen. Betroffene Rinder könnten so von den Höfen entfernt werden, bevor sie den Schlachthof erreichen, sagte der Leiter des Tierärztlichen Instituts, Bertram Brenig. Das Verbraucherschutzministerium reagierte indes zurückhaltend. »Grundsätzlich wäre ein schnellerer und kostengünstigerer Test natürlich nur zu begrüßen«, hieß es. »Unseres Wissens nach ist der Test aber bisher weder national noch in Brüssel zur Überprüfung angemeldet.«
Auch die Landwirtschaftskammer NRW reagiert vorsichtig. »Bis dieser Test im Handel ist, kann es dauern«, sagte Kammersprecher Bernhard Rüb. Der Lebend-Test könne die BSE-Untersuchungen aber für die gesamte Branche - für Landwirte und die Fleisch verarbeitende Industrie - wirtschaftlicher machen, vermutet Rüb. »Da geht es auch um sehr viel Geld.«
Allein in diesem Jahr wurden bis Ende Mai in Deutschland 816000 Rinder untersucht. Bei 18 Rindern wurde die Krankheit entdeckt. Das entspricht einer Quote von 0,0022 Prozent. Rüb: »Die Tatsache, dass BSE-Fälle gefunden werden, zeigt, dass die bisher durchgeführten BSE-Tests sehr gut funktionieren.« Im vergangennen Jahr wurden 2,5 Millionen Rinder untersucht, davon 65 positiv, also BSE-Fälle.
Die Wissenschaftler der Uni Göttingen haben für die Studie etwa 1000 Tiere untersucht. Davon stammten 135 Rinder aus so genannten Risikoherden, in denen schon BSE aufgetreten war. Die genetischen Veränderungen im Blut konnten bei vier bereits an BSE erkrankten Tieren und bei 65 Prozent der Tiere aus Risikoherden nachgewiesen werden.
Dieser Prozentsatz an Infektionen stößt beim Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, dem Friedrich-Löffler-Institut in Greifswald, auf Skepsis. »Die Rate ist zu hoch«, sagt die stellvertretende Institutsleiterin Anne Buschmann. Von den bisher 379 BSE-Rindern in Deutschland seit dem Jahr 2000 stammten lediglich zehn Tiere aus Riskoherden. Das seien 2,6 Prozent. Buschmann: »Bei einer gegenwärtigen Testrate von etwa 2,5 Millionen BSE-Tests im Jahr würden dabei mehr als 10000 Risikotiere auftreten. Die Zahl an nachgewiesenen BSE-Fällen liegt dagegen derzeit bei deutlich unter 100 pro Jahr.« Wie mit dieser Menge an Tieren, die in der Mehrzahl vermutlich völlig unschädlich sind, verfahren werden soll, bleibe unklar.
Im Regierungsbezirk Detmold gibt es nach Angaben der Landwirtschaftskammer 4823 Rinderzüchter mit 214 716 Tieren.Seite 4: Kommentar

Artikel vom 12.07.2005