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Rhythmisches im Rathaussaal

Trommeln, stampfen, klatschen statt debattieren und politisieren

Von Burgit Hörttrich (Text)
und Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). Wo vor einer knappen Woche noch heftig über den kommunalen Haushalt debattiert wurde, klingen rhythmisch die Trommeln, wird gestampft und in die Hände geklatscht. Nicht der Oberbürgermeister hat das Kommando, sondern Hugues Anoï, der »Afrikanischen Tanz« für Anfänger und Fortgeschrittene unterrichtet.

Das Rathaus tanzt. Zum zweiten Mal findet dort das Tanzfestival Bielefeld statt.
Rainer Schürmann, der das Festival für das Kulturamt organisiert, freut sich: »Wir haben noch mehr Anmeldungen als im Vorjahr - 450 Teilnehmer belegen 750 Kursstunden.« Damit ist das Festival das größte seiner Art in Deutschland. Ins Rathaus ausweichen musste das Festival, weil die Oetkerhalle als »Studio« nicht zur Verfügung steht: Sie wurde im vergangenen Sommer als Ersatzspielstätte für das Stadttheater hergerichtet. Auch im nächsten Sommer wird das Rathaus noch einmal als Tanzstudio benötigt - dann nämlich wird die Oetkerhalle in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt.
»Alle Workshops sind gut gebucht«, sagt Schürmann. Vom Klassischen Ballett bis zum Contemporary Dance. Den unterrichtet Laurence Levasseur im Rochdale-Raum im Alten Rathaus. Da, wo sonst der Hauptausschuss versucht, die Geschicke der Stadt zu lenken, stehen Turnstangen, eine große Spiegelfolie bedeckt eine Wand. In allen vier Studios ist der Boden mit einem schwarzen Tanzboden ausgelegt.
Der Schweiß fließt in Strömen - bei den Schülerinnen (95 Prozent der Angemeldeten sind Frauen) und bei den Lehrern. Die haben Ulla und Tchekpo Dan Agbetou, künstlerische Leiter des Festivals, engagiert. Manche kommen schon seit Jahren, haben ihre »Stammkundschaft«, andere sind zum ersten Mal dabei. Ulla Agbetou unterrichtete gestern, am ersten Workshoptag, bereits zwei »Klassen«: kreativen Jazztanz für Kinder. »Lasst die Arme sprechen«, ermuntert sie die Mädchen. »Ja, das habt ihr gut gemacht«, lobt sie.
Es gibt nur einen Ausfall: Malika Benjelloun zog sich bei einem Auftritt in Brüssel einen Bänderriss zu. Aber ihr »New Style«-Kurs fällt trotzdem nicht aus - sie selbst telefonierte herum, um einen adäquaten Ersatz zu finden.
Was die Teilnehmer, die eigens aus ganz Europa anreisen, am Tanzfestival mögen: Alles ist »so unkompliziert«. Und die Rathaus-Bediensteten schätzen die Abwechslung. Rainer Schürmann: »Es ist schließlich nicht alltäglich, wenn in den Fluren des Verwaltungsgebäudes Menschen in Tanzkleidung herumlaufen.«
Einer der Höhepunkte des Festivals: die Afrikanische Nacht am Samstag, 16. Juli, 20.30 Uhr, auf dem Rathausplatz.

Artikel vom 12.07.2005