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Das Volk der kleinen Leute
Die zwölfjährige Midge rettet die Elfen - und gerät selbst in Gefahr
Die Idee ist faszinierend. Es gibt eine Welt außerhalb der unsrigen. Nicht irgendwo im All. Vielmehr eine Welt, die neben und unbemerkt von der unsrigen existiert.
In dieser Welt gibt es Lebewesen, die ganz anders sind als wir. Elfen zum Beispiel. Lebewesen, zu denen die Menschen normalerweise keinen Zugang haben. Normalerweise. Aber dann, irgendwann . . .
Steve Angarde erzählt von einer solchen parallelen Welt. Sein Buch »Das kleine Volk« zieht den Leser hinein in das Reich der »Verschiedenartigen«, wie sie sich selbst nennen. Man will das Buch nicht weglegen, so spannend ist es: das Beste auf diesem Gebiet seit dem ersten Band über Harry Potter.
Die zwölfjährige Midge, an deren Seite der Leser auf die Spur der Verschiedenartigen gerät, verbringt die Sommerferien zunächst ganz allein bei ihrem Onkel Brian auf dessen weitgehend stillgelegtem Bauernhof. Später stoßen Brians Kinder Katie und George dazu.
Auf dem Hof angekommen, findet Midge alles unheimlich spannend. Die Idee zum Beispiel, dass dies das Haus ist, in dem sie geboren wurde. Die Schubladen voller Fotos von lebenden und verstorbenen Mitgliedern ihrer Familie. Brians altersschwachen Hund Phoebe. Den riesigen Kater Tojo. Die vielen landwirtschaftlichen Geräte, von denen sie oft gar nicht weiß, wozu sie dienen.
Doch diese Abenteuer sind nichts im Vergleich zu der Sensation, die sich ereignet, als Midge in einem alten Schuppen auf ein völlig fremdes Wesen stößt. Es ist winzig und offenbar schwer verletzt. Das Mädchen überwindet seine Scheu. Sie geht zu Pegs - so heißt das magische Pferd - Êund versucht, ihm zu helfen. Es gelingt. Sie kann Pegs weitgehend heilen.
Doch das ist nur der Anfang. Eine viel größere Gefahr droht allen Mitgliedern des kleinen Volks, das sich in den nahen Königswald zurückgezogen hat. Das Gebiet soll nämlich abgeholzt werden, um Platz für eine neue Siedlung zu schaffen.
Der Wald ist in Wirklichkeit Heimat für fünf Elfenstämme: die Ickri, Naiad, Wisp, Tinkler und Troggel. Das Schicksal hat sie, die einst weit umhergezogen sind, auf diesem kleinen Stück Land vereint.
Die Verschiedenartigen sind klein und verletzlich. Das gilt aber auch für Midge selbst. Das Mädchen gerät in große Gefahr. Denn auch unter den kleinen Wesen gibt es solche, die durchaus nicht nur das Gute wollen.
»Das kleine Volk« (Verlag Arena, 16,90 Euro) sollte man jetzt lesen, während der Ferien. Sonst besteht die Gefahr, dass Hausaufgaben und andere wichtige Arbeiten liegen bleiben. Hat man »Das kleine Volk«Êgelesen, bleibt neben der Erleichterung über das gute Ende ein bisschen Leere. Doch sie muss nicht lange dauern: Das Buch soll nach dem Vorbild von Potter und anderen mindestens zwei Fortsetzungen erhalten.Bernhard Hertlein

Artikel vom 30.07.2005