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Frohe Anlieger:
Endlich Ruhe
neben der B 68

Umleitung erfreut die Gebeutelten

Von Markus Poch
(Text und Foto)
Quelle (WB). Manche Katastrophen haben auch ihre guten Seiten: Während viele Queller Geschäftsleute und Anwohner weiter unter der schwierigen Umleitungsregelung an der Carl-Severing-Straße leiden, lehnen sich Hans-Dieter Kammeyer und seine Frau Erika entspannt in ihren Gartenstühlen zurück. Auch das Blumengießen macht wieder richtig Spaß. »Herrlich, diese Ruhe«, sagt der 71-jährige pensionierte Kaufmann. »Bei normaler Verkehrslage könnten wir hier unser eigenes Wort nicht verstehen.«

Die Kammeyers wohnen in der kleinen Siedlung an der Siekbrede, direkt neben dem Gasthaus Schlichtehof. Nur ein bepflanzter Erdwall schützt sie ein wenig vor dem sonst üblichen Lärm und Staub der stark befahrenen Bundesstraße 68. Doch seit Montag dieser Woche, seit an der Kreuzung »Café Sport« die Absperrungen stehen und der Schwerverkehr aus Osnabrück über die Magdalenenstraße umgeleitet wird, ist alles besser. Lediglich ein paar Anlieger-Pkw rauschen leise vorbei. »Und die stören uns überhaupt nicht«, betont Kammeyer. »Damit könnten wir gut leben. Aber die Realität sieht anders aus. Gespräche auf unserer Terrasse oder entspanntes Schlafen bei geöffnetem Fenster sind hier sonst schlicht unmöglich. Lediglich an Freitag- und Samstagabenden ist es etwas ruhiger.«
Als Hans-Dieter und Erika Kammeyer das Haus vor zehn Jahren gebaut hatten, hieß es, sie sollten sich wegen der straßennahen Lage bloß keine Sorgen machen. In Kürze würde die A33 fertig gestellt, dann würde sich das Verkehrsaufkommen drastisch reduzieren. »Wie Sie ja wissen, ist das bisher nicht geschehen.« - »Im Gegenteil!« wettert Kuno Richter, ein befreundeter Nachbar der Kammeyers und gerade zu Besuch. »Es wird ja immer schlimmer: Bei Wind aus Nordost ist der Geräuschpegel noch gerade erträglich, aber bei Westwind: Das können Sie sich nicht vorstellen, was dann hier los ist! Und es ist nicht nur der Lärm!« Richter, ebenfalls Kaufmann im Ruhestand, wohnt ein paar Häuser weiter und muss seinen ursprünglich weißen Dachgiebel einmal im Jahr mit Hochdruck abspritzen. »Anfangs dachte ich noch, der Dreck käme vom Grillen, aber es war tatsächlich der Staub von der Straße...«
In den Tagen des Umbaus und der Sperrung der Kreuzung »Café Sport« sind nun also die sonst »verwöhnten« Queller von Krach und Abgasen betroffen. »Ich gönne das niemandem«, stellt Kammeyer klar. »Aber es ist bestimmt sinnvoll, dass sich auch mal andere Leute ein Bild davon machen, wie viel Verkehr sonst hier bei uns vorbei kommt. Ich möchte nicht falsch verstanden werden,« ergänzt der Senior. »Ich liebe die Natur. Ich bin Waidmann und freue mich über Flora und Fauna. Aber es kann nicht sein, dass die A33 deshalb noch immer nicht gebaut wird, weil den Politikern ein paar Wühl- und Fledermäuse wichtiger sind als all die ruhelosen Menschen an der Bundesstraße in Halle und Quelle.«
Erika Kammeyer ist 70 und leidet seit Jahren unter Lungenproblemen. Sie sagt: »Wenn man noch jünger wäre und beruflich irgendwo anders tätig, wäre die Situation auch etwas entspannter. Aber wir sind Rentner. Wir leben 24 Stunden am Tag mit dieser Belästigung.« Deshalb freut sie sich jetzt auf ein paar schöne, ruhige und nahezu abgasfreie »Umleitungswochen« während der sie im eigenen Garten endlich mal wieder tief durchatmen kann. Und es bleibt die ewige Hoffnung auf schnelle Vollendung der A33.

Artikel vom 14.07.2005