12.07.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kontakte nach Frankreich: Abu Mussab al-Sarkawi.

Alarmstimmung auch in Frankreich

Irak-Kriegs-Gegner sieht sich durch Terror aus Algerien bedroht

Paris/Algier (dpa). Die Anschläge in London haben auch in Frankreich Unruhe und Alarmstimmung ausgelöst. Paris hat zwar keine Soldaten im Irak und war gegen den Krieg, sieht sich aber dennoch sehr wohl als mögliche Zielscheibe islamistischen Terrors - aus Algerien.
Algerische Islamisten hatten zuletzt Mitte der neunziger Jahre mit einer Welle von Attentaten Tod und Schrecken nach Paris gebracht. Die algerische Terrororganisation Salafistische Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC), die vor zwei Jahren in einer spektakulären Aktion 32 europäische Sahara-Touristen verschleppt hatte, will ihre Aktionen jetzt »internationalisieren«. Sie hat sich vor einiger Zeit bei dem mit El Kaida verbundenen Terrordrahtzieher im Irak, dem Jordanier Abu Mussad al-Sarkawi, angedient. »Und wenn (El Kaida-)Netz-Chef Osama bin Laden Frankreich treffen will, hat er keine Wahl, er muss das über den Maghreb tun«, meint Ali Laidi vom Pariser Iris-Institut für strategische und internationale Beziehungen.
Amerikanische Geheimdienste haben im Oktober 2004 eine brisante Botschaft abgefangen, die der neue GSPC-Chef Abdelmalek Droukdal an al-Sarkawi schickte. Die algerischen Terroristen, im eigenen Land durch das politische und militärische Vorgehen von Präsident Abdelaziz Bouteflika unter Druck und an den Rand gedrängt, bieten darin ihre Dienste auf internationaler Ebene an. Sie dringen darauf, den verhassten früheren Kolonialherren Frankreich ins Visier zu nehmen.
Wie um zu beweisen, wie ernst man es meint, folgte Anfang Juni eine Attacke von 150 GSPC-Terroristen auf eine mauretanische Militärbasis: 20 Menschen starben. »Unsere Aktionen werden sich nicht mehr auf den Feind im Inneren beschränken, wir gehen gegen die Gegner unseres Glaubens dort vor, wo wir sie treffen«, hieß es aus der GSPC.
Im Frankreich der fünf Millionen Muslime sind in den vergangenen Jahren mehrere Attentate islamistischer Terroristen vereitelt worden, es gab Dutzende von Festnahmen. Der radikale Imam von Vénissieux bei Lyon, Chellali Benchellali, soll der GSPC nahe stehen.
»Sie könnten einige Experten von Algerien nach Europa schicken und enormen Schaden anrichten«, meint der frühere französische Geheimdienstchef Louis Caprioli. Frankreich könnte Zielscheibe sein, weil das Land Soldaten in Afghanistan hat und aus der Sicht algerischer Terroristen zudem ein Handlanger Bouteflikas ist.
Nicht zuletzt hat al-Sarkawi aus dem Irak in einer Botschaft Staatspräsident Jacques Chirac einen »Hund der Kreuzfahrer« genannt - wegen des Kopftuchverbotes an französischen Schulen.

Artikel vom 12.07.2005