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Sicherheitslücken durch Sparkurs beim Bund

Neue Landeskommandos können Verzicht auf regionalen Heimatschutz nicht ausgleichen

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Die Reduzierung auf 400 Bundeswehrstandorte hat Folgen für die Zusammenarbeit mit zivilen Stellen. Bei Katastrophen und der Abwehr terroristischer Bedrohung sehen Experten auch in Ostwestfalen Sicherheitslücken.


Noch am Mittwoch hatte die Bundeswehr angekündigt, die Zusammenarbeit mit zivilen Behörden im Bereich Katastrophe/Terror auf eine neue Grundlage zu stellen. Jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt werde ein Reserveoffizier als ständiger Ansprechpartner zugeordnet. Außerdem sollten Landeskommandos mit bis zu 50 Stellen eingerichtet werden, sagte Vize-Generalinspekteur Hans-Heinrich Dieter.
Bis 2009 werden danach fünf Stützpunkte mit Pionierausrüstung eingerichtet. In zwei weiteren Lagern soll Gerät für ABC-Abwehr und in neun Stützpunkten Sanitätsmaterial bereitgehalten werden. Damit könne die Bundeswehr Behörden bei Katastrophen, schweren Unglücksfällen und nach Terroranschlägen unterstützen, sagte Dieter. Allerdings, die Bundeswehr werde weder »fleckgetarntes THW noch Hilfspolizei«.
Das ist aus Sicht der Union entschieden zu wenig. Verteidigungspolitiker Jürgen Herrmann, Kreis Höxter, hatte am Donnerstag die Einrichtung einer »nationalen Sicherheitsbehörde« verlangt. Sie soll zivile und militärische Kräfte bei »Großlagen« unter eine gemeinsame Führung stellen.
Mit großer Sorge beobachte er, so Herrmann weiter, »die Zerschlagung effektiver und gut arbeitender Strukturen in der Bundeswehr«. Die Auflösung der Reservelazarettorganisation, erhebliche Veränderungen in der Reservistenarbeit und insbesondere die Abschaffung der Verteidigungsbezirkskommandos (VBK) verdeutlichten, »dass aus Geldnot gute und für den Ernstfall bestehende Organisationen geopfert werden, obwohl sie dringend nötig sind«.
Als nach dem Ende des Warschauer Paktes im Rahmen der so genannten Friedensdividende alle Kreisverbindungskommandos aufgelöst worden seien, habe niemand ahnen können, wie wichtig diese Strukturen wieder werden. Daher sei es unter den heutigen Gesichtspunkten völlig unverständlich, so der Bundestagsabgeordnete mit Polizeiausbildung, dass das VBK 35 in Augustdorf aufgelöst wird.
Die ersatzweise geplanten bzw. installierten Landeskommandos, die Unterstützung durch einen einzigen Soldaten im Bereich der Kreise und kreisfreien Städte erhalten, seien unzureichend. Herrmann: »Hier wird Augenwischerei betrieben, da der notwendige Unterbau, sowohl finanziell, materiell wie personell, fehlt.« Und. »Eine vernünftige zivil-militärische Zusammenarbeit ist so nicht zu bewerkstelligen.«
Für die heimische Region bedeutet das von der Union in Berlin verfolgte Konzept: Auf der Ebene der Regierungsbezirke werden Regionalbasen geschaffen, die von Berufs- und Zeitsoldaten geführt werden und unter Hinzuziehung von Reservisten bis auf eine Mannstärke von 5000 Soldaten aufwachsen können. Herrmann: »Das ist ein System, das in Großbritannien bereits existiert und auch in der jetzigen Situation dort sehr hilfreich sein dürfte.«

Artikel vom 09.07.2005