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Airport-Wildwuchs eindämmen

Lufthansa lehnt Neubau Calden ab - Airlines setzen auf Großflughäfen

Von Ulrich Schlottmann und Peter Carlmeyer (Grafik)
Warburg (WB). Die Lufthansa und 100 weitere im Luftverkehrsverband »Barig« zusammengeschlossene Fluggesellschaften sind gegen den Neubau des Regionalflughafens Kassel-Calden.
Der Flughafen Kassel-Calden ist 60 Kilometer Luftlinie östlich von Paderborn-Lippstadt geplant.
Sinnvoll und notwendig wäre dagegen die Weiterentwicklung von Großflugplätzen wie Frankfurt, München oder Berlin, sagte »Baring«-Generalsekretär Martin Gaebges gestern in Warburg.
Der Regionalflughafen Kassel steht nach Ansicht der großen Airlines exemplarisch für eine seit Jahren andauernde Fehlentwicklung im Luftverkehrsbereich. »Jeder Landrat, der ein ausgedientes Militärfluggelände in seinem Kreis hat, drängt mit einem eigenen Flugplatz auf die internationale Bühne. Was derzeit abläuft, ist weder strategisch geplant noch gesteuert«, kritisierte Lufthansa-Sprecher Frank Püttmann. Notwendig sei deshalb ein Masterplan für den Luftverkehr in Deutschland, ähnlich dem Bundesfernstraßenplan.
Die Lufthansa halte es nicht für sinnvoll, mit Hilfe von Steuergeldern immer neue und letztlich unnötige Flughäfen zu bauen, die wirtschaftlich aus eigener Kraft nicht lebensfähig seien und deshalb dauerhaft am Tropf des Steuerzahlers hängen, sagte Püttmann.
Der Staat sollte sich darauf beschränken, Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen fairen Wettbewerb ermöglichen, statt durch Subventionen verzerrend in den Markt einzugreifen, meinte auch »Baring«-Generalsekretär Martin Gaebges.
Der vollständige Neubau in Kassel ist laut »Barig« eine Verschwendung von Steuergeldern. Das 151-Millionen-Euro-Projekt, in das 108 Millionen Euro Landes-Gelder fließen sollen, sei unnötig, weil es genügend freie Kapazitäten auf anderen Flughäfen, so in Paderborn und Hannover, gebe. Zu deren Lasten werde der Bau in Kassel gehen, mutmaßte Gaebges. Es bestehe die Gefahr, dass ein »Kannibalisierungsprozess« ausgelöst werde, an dessen Ende die Frage stehe: Paderborn oder Kassel?
Die Region Kassel sei per ICE sehr gut an Hannover und Frankfurt angebunden. Es sei damit dort bereits das verwirklicht, was die »Barig« mit einer besseren Vernetzung von Straße, Schiene und Luft, also einem integrierten Verkehrssystem, fordere. Beim Flughafen Paderborn bestehe in dieser Hinsicht noch Nachholbedarf, sagte Martin Gaebges.
Die Flughafengesellschaft Kassel-Calden, die den Ausbau des Regionalflugplatzes betreibt und dort auch eine »Billig-Fluggesellschaft« ansiedeln will, hält die Kritik der großen Luftfahrtgesellschaft für vordergründig. Ihnen gehe es offensichtlich nur darum, sich lästige Konkurrenz vom Hals zu halten, um Marktanteile zu sichern.
Der Kreis Paderborn als ein Hauptanteilseigner von Paderborn-Lippstadt ist nicht am derzeit laufenden Planfeststellungsverfahren beteiligt. Hauptsorge dort: Paderborn droht der Rückfall in die roten Zahlen.
DieOstwestfalen-FDP rief gestern NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) und dessen Vize Andreas Pinkwart (FDP) zur Vermittlung im Flughafenstreit auf. »Am Ende können nur beide zugunsten eines großen Flughafens verlieren«, sagte Bezirksvorsitzende Gudrun Kopp. Paderborn drohe ein großer Verlust angesichts der investierten Steuermillionen. Seite 4: Leitartikel

Artikel vom 13.07.2005