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Noch gibt es keine Spur

l Mehr als 50 Tote l Bergung dauert an l Erneut Bombenalarm

London/Berlin (WB). Die Briten fahnden unter islamischen Extremisten nach den Verantwortlichen für die Terroranschläge in London. In Deutschland hat eine neue Sicherheitsdebatte begonnen.Passanten legten an der U-Bahnstation King's Cross Blumen zum Gedenken nieder.
Die Bombenexplosionen in drei U-Bahnen und einem Bus haben inzwischen mehr als 50 Menschen das Leben gekostet und 700 verletzt, darunter vier Deutsche. 22 der Verletzten schwebten am Freitag noch in Lebensgefahr.
Experten von Scotland Yard untersuchten einen Tag nach den Anschlägen die Tatorte nach Sprengstoffresten und sichteten viele hundert Stunden Filmmaterial von Überwachungskameras. »Aber das wichtigste ist, dass wir Hilfe aus den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen bekommen«, sagte Andy Hayman von einer Sondereinheit zur Terrorbekämpfung.
Der Dachverband der britischen Muslime appellierte: »Wir alle müssen uns vereinen und der Polizei helfen, diese Mörder zu fangen.«
Der Chef von Scotland Yard bezeichnete alle Berichte in der britischen Presse, wonach die Täter zum Beispiel aus der englischen Region Midlands stammen sollen, als »reine Spekulation«. Die Polizei habe auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Explosion in dem Bus von einem Selbstmordattentäter ausgegangen sei. Die weniger als 4,5 Kilogramm schweren Bomben seien vermutlich auf dem Boden der U-Bahnwaggons abgestellt worden und im Bus entweder auf dem Boden oder auf einem Sitz. Sie hätten problemlos in einen Rucksack gepasst.
Auch am Freitag gelang es der Polizei noch nicht, zu einem U-Bahnwaggon vorzudringen, in dem sich noch etliche Leichen befanden. Durch die Bombenexplosion war der U-Bahn-Tunnel Einsturz gefährdet. Blair versicherte, die Zahl der Toten werde aber nicht auf 100 steigen.
»Verdächtige Päckchen« führten am Freitag in der Londoner Innenstadt wiederholt zu Bombenalarm. So wurden vorübergehend die U- Bahn-Station Euston Square und der Bahnhof Liverpool Street gesperrt. In jedem Fall war ein unbeaufsichtigtes Gepäckstück die Ursache für den Alarm.
Die Selbstbezichtigung einer vermutlich islamistischen Gruppierung sei ernst zu nehmen, sagte Innenminister Clarke. Das Schreiben war von der »Geheimgruppe des Dschihads der Al-Kaida in Europa« unterzeichnet.
Derweil kehrten die Londoner äußerlich stoisch in die Innenstadt zurück. Die meisten U-Bahnen fuhren wieder, bedienten aber die Stationen nicht, in denen die Aufräumarbeiten anhielten. »Die Station King's Cross St. Pancras ist geschlossen. Die Türen werden sich in der Station nicht öffnen«, lautete dann die Durchsage. Als der Zug hielt, ließen die Pendler ihre Zeitungen sinken und blickten mit versteinerter Miene durch die Fenster.
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Artikel vom 09.07.2005