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»Diese Frau füllt jede Szene aus«

Volksschauspielerin Ruth Drexel wird kommenden Dienstag 75 Jahre alt

Von Hilmar Bahr
München (dpa). Für Ottfried Fischer ist sie schlechthin die Volksschauspielerin: Seit Ruth Drexel die TV-Mutter des »Bullen von Tölz« spielt, hat die Fernsehnation die Darstellerin fest ins Herz geschlossen.

Obwohl ihre Auftritte häufig recht kurz sind, dominiert sie mit ihrer »gefühlten« Präsenz den Sat1-Klassiker. »Egal, was sie spielt, die füllt jede Szene aus«, beschreibt Regisseur Walter Bannert die Münchner Schauspielerin, die am Dienstag ihren 75. Geburtstag feiert. Ruth Drexel schätzt das Grundkonzept des »Bullen von Tölz«. Da sei nichts Rührendes oder gar Sentimentales zu finden. »Dafür viel Witz und Humor.« Außerdem sei die Serie auch eine Satire auf das Genre Heimatfilm und diverse TV-Krimis. Nur wenn sie auf der Straße als Resi Berghammer angeredet wird, kann sie grantig werden.
Doch dieser Art von Verwechslung beugt Ruth Drexel vielleicht bald selbst vor, wenn sie in der Reihe »Agathe hat noch nicht ermittelt« im Herbst für die ARD auf Verbrecherjagd geht. Auch wenn es Anleihen an die legendäre britische Miss Marple gibt, wird die in Niederbayern aufgewachsene Ruth Drexel ihre Fälle anders lösen. »Die Figur, die ich spiele, lebt in der Gegenwart und hat einen ganz anderen Charakter«, hatte Ruth Drexel betont. »Diese Agathe ist weniger kleinbürgerlich als die anderen Figuren, die ich bislang gespielt habe.«
Begonnen hat die aus Vilshofen stammende frühere Theaterchefin ihre Karriere an den Münchner Kammerspielen, wo sie von 1953 bis 1971 immer wieder zu sehen war. Ein Jahr gehörte sie auch dem Berliner Ensemble von Bertolt Brecht an, den sie als Autor wie als Regisseur bewunderte. Die weiteren Stationen waren die Berliner Schaubühne unter Peter Stein, die Wuppertaler Bühnen, die Württembergischen Staatstheater in Stuttgart, das Düsseldorfer Schauspielhaus und das Bayerische Staatsschauspiel in München.
1988 übernahm Ruth Drexel, die auch immer wieder mit der großen Therese Giehse (1898-1975) verglichen wurde, das Münchner Volkstheater, das sie zwischenzeitlich vor dem Aus bewahrte. Mit Stücken von Herbert Achternbusch bis Felix Mitterer gelang ihr ein »bissig-kritisches Volkstheater, ohne erhobenen moralischen Zeigefinger«. Damit machte sie - so Oberbürgermeister Christian Ude - die städtische Bühne zu einer »unersetzlichen« Einrichtung in der Stadt. »Ihr Volkstheater war durchaus dem Volke nah, aber niemals volkstümelnd.«

Artikel vom 09.07.2005