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Volksfest mit Schmuse-Pop

16 000 pilgerten in die Schüco-Arena zum Elton-John-Gastspiel


Von Matthias Meyer zur Heyde, Thomas Albertsen
und Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). »Candle In The Wind« würde Elton John nicht singen, aber damit konnten sich die meisten Fans anfreunden. »Wir finden es gut, dass er seinen Song ÝDon't Let The Sun Go Down On MeÜ den Opfern der Bombenanschläge von London gewidmet hat«, erklärten die Besucher, die sich gestern bei strahlendem Sonnenschein um die Schüco- Arena versammelten. Und der kurze, aber heftige Wolkenbruch gegen 18 Uhr wurde als Erfrischung begrüßt.
In den Stunden vor Konzertbeginn erwies sich einmal mehr, dass Arminias schmuckes Stadion mittlerweile als Wohlfühltempel angenommen wird. »Ich kenne die Alm noch als Bretterbude«, sagt Helmut Schwarz aus Brakel. Da war Fußball und sonst nichts - jetzt aber, zum 100. Geburtstag der alten Dame Arminia, flanieren Tausende ums Stadion, genießen die Sommersonne und das volksfestartige Angebot. Heute wollen sie alle dem Altmeister des balladesken Pop ihre Aufwartung machen.
Elton-John-Verrückter muss gar nicht sein, wer sich hier einen entspannten Sonntagnachmittag beschert. »Ich habe die Karte von einer verhinderten Freundin übernommen«, gesteht Lena Sahlmen (16) aus Bad Wünnenberg. Welche Musik sie sonst hört? Heavy Metal, mutmaßen die Umstehenden, aber, Überraschung: »Ich mag alles, was nicht so laut ist.«
Na, da ist Reginald Kenneth Dwight, 58 und seit Ewigkeiten als Elton John bekannt, ja der Richtige.
So sanft wie Eltons balladesker Pop sind auch seine Zuhörer. »Ein Unterschied zum Fußball, wo wir mit einer ganzen Hundertschaft anrücken«, erklärt Polizeihauptkommissar (PHK) Rolf Siemers, der mit nur drei weiteren Kollegen, Oberkommmissar Udo Werner, PHK Thomas Güttler und PHK Dieter Tibo ein Auge auf die friedliche Menge hat. Acht Ordnungshüter im Umfeld des Stadions - das genügt.
Und wenn die Sanitäter jemanden verarzten, dann wegen Kreislaufschwierigkeiten in praller Sonne. Sabun Dogan und Saskia Kilian haben vor dem Konzert ein paar Patienten geholfen.
Unterdessen, Elton ist noch weit, feiert sich ein munteres Quartett selbst: Jasmin Kern (43) aus Pforzheim, das Ehepaar Wilfried (41) und Regina Nitsche (40) aus Meine bei Braunschweig und ihre Freundin Andrea Chlebik (38) sind immer da, wo ihr Idol ist. »Wir haben uns beim sagenhaften 2000er Konzert im New Yorker Madison Square Garden kennengelernt«, sagt Jasmin Kern. Alle vier tragen T-Shirts, die man nur in Las Vegas bekommt, und ihre größte Sorge ist: »Kann das Publikum hier auch richtig feiern?« Kann es. Bei guter Mucke garantiert.
Im Dezember will das Quartett vier weitere Elton-John-Konzerte in Deutschland besuchen, eventuell sogar eines in Rom. Ganz anders Günter Barteldrees: »Ich bin hier seit zehn Jahren als Ordner eingesetzt, aber das ist heute mein erstes Popkonzert.« Arminia-Fan Barteldrees liebt klassische Musik, beißt aber für ein paar Stunden die Zähne zusammen.
Oft muss er ohnehin nicht mit Pop in der Schüco-Arena rechnen, sagt DSC-Finanzgeschäftsführer Roland Kentsch. »Absolute Topstars wie ÝBon JoviÜ sind ohnehin nicht zu bezahlen, die dritte Garde ist uninteressant - und Kracher wie Elton John bekommt man ja auch nicht alle Tage frei Haus.«
Manchmal aber doch. Und dann feiern die Bielefelder.

Artikel vom 11.07.2005