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1000 Klinikärzte
unter Verdacht

Korruptionsfälle weiten sich aus

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft München könnten sich im Korruptionsverdachtsfall der Pharmafirma Bristol-Myers Squibb (BMS) bundesweit Strafverfahren gegen mehr als 1000 Klinikärzte ergeben.

Die Auswertung der Unterlagen, die im Mai 2004 bei der Durchsuchung der BMS-Zentrale beschlagnahmt wurden, habe bisher zur Einleitung von mehr als 100 Strafverfahren gegen Klinikärzte geführt, sagte am Freitag Leitender Oberstaatsanwalt Christian Schmidt-Sommerfeld.
Es sei nicht auszuschließen, dass der Fall die Größenordnung wie im Verfahren gegen die Firma SmithKline Beecham Pharma GmbH in München erreiche, sagte Schmidt-Sommerfeld. Im Fall SmithKline Beecham hatte die Staatsanwaltschaft München im Jahr 2002 zunächst gegen 4000 Klinikärzte Verfahren wegen Verdachts der Vorteilsannahme eingeleitet. 2200 Verfahren wurden eingestellt, da die Zuwendungen bis zu 100 Mark oder zwischen 100 und 1000 Mark betrugen.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft München hätten die beschuldigten Mediziner im Fall BMS Vorteile der Pharmafirma genossen, wie Bargeld, Geschenke, die Finanzierung von Privatveranstaltungen sowie die Übernahme von Kosten einer Weihnachtsfeier. Als Gegenleistung sollten Produkte von BMS eingekauft werden. BMS zählt zu einer der größten Pharmafirmen der Welt.
In einem weiteren Korruptionskomplex im Gesundheitswesen hat die Staatsanwaltschaft München bereits Strafverfahren gegen 200 Klinikärzte eingeleitet. In diesem Fall soll der international tätige japanische Pharmakonzern Fujisawa von 1998 bis 2003 in Deutschland Klinikärzte bestochen haben. Auch hier wurden die Ermittlungen ausgeweitet. Im Juli 2003 waren zunächst 70 Verfahren eingeleitet worden. Fujisawa-Mitarbeiter sollen durch Bezahlung von vermutlich wertlosen »Studien« den Absatz eines Medikamentes zur Unterdrückung von Abstoßreaktionen nach Nieren-und Lebertransplantationen gefördert haben. Ferner hätten Ärzte an Kongressveranstaltungen mit buntem Beiprogramm teilgenommen. Reisekosten wie auch das Beiprogramm seien vom Pharmakonzern bezahlt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte in diesem Fall im Juli 2003 Transplantationszentren in München, Stuttgart, Bonn, Hannover, Hamburg, Münster und Berlin durchsucht.

Artikel vom 09.07.2005