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Im Herzen ist doch auch Wehmut

Nach Antrag der Edeka verschwindet AVA-Aktie vermutlich vom Börsenzettel

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). »Ökonomisch«, sagt Manfred Krüger (64), »verläuft alles in einem vernünftigen Rahmen.« Doch selbst ein Diplom-Volkswirt ist nicht nur Ökonom. »Und im Herzen«, sagt der Vorsitzende des AVA-Aktionärsvereins, »ist auch Wehmut.«

30 Jahre ist es her, dass die AVA Allgemeine Handelsgesellschaft der Verbraucher AG in Bielefeld aus der Co op Ostwestfalen-Lippe Konsumgenossenschaft hervorgegangen ist. Elf Jahre später ging das Unternehmen an die Börse. 2005 endet auch dieses Kapitel der Unternehmensgeschichte: Am kommenden Mittwoch werden die AVA-Aktionäre über das von der Edeka AG beantragte »Squeeze-out« abstimmen. Am Votum gibt es angesichts der Mehrheitsverhältnisse -Êdie Edeka besitzt mehr als 95 Prozent der Aktien -Êkeine Zweifel.
Danach liegt die Zukunft vollständig in den Händen der Hamburger Muttergesellschaft. Bisher lässt der Vorstandsvorsitzende der Edeka und AVA-Aufsichtsratschef, Alfons Frenk, offen, ob die Aktiengesellschaft in eine GmbH umgewandelt wird. In diesem Fall würde vielleicht sogar der Name AVA gelöscht und durch Marktkauf ersetzt. Manchem Mitglied des Aktionärsvereins ginge dies schwer zu Herzen. Der Ökonom Krüger hat dafür wenig Verständnis: »Die meisten, die sich jetzt beklagen, haben irgendwann ihre Aktien mit gutem Gewinn verkauft.«
Als Vorsitzender des Aktionärsvereins ist Krüger zugleich Mitglied im AVA-Aufsichtsrat. Er hat die immer engere Verzahnung des Bielefelder Unternehmens mit der Edeka vor allem beim Einkauf beobachtet und begrüßt. Trotzdem gebe es erhebliche Unterschiede zwischen dem Großflächen-Spezialisten AVA und der Edeka, die -Êabgesehen von ihren Regiebetrieben und der gerade erst neu erworbenen Netto-Discountkette - letztlich auf den Schultern selbstständiger Betreiber von kleinen und mittleren Supermärkten ruhe. Deshalb, so Krüger, wäre Edeka gut beraten, die Bielefelder eigenständig weiter arbeiten zu lassen und die sich aus der Fusion ergebenden Synergien »zur Expansion und nicht zu Entlassungen zu nutzen«.
Bevor die AG an die Börse ging, hat der Aktionärsverein Käufe und Verkäufe der AVA-Aktien vermittelt. Satzungsgemäß stand ihm zudem das Recht zu, einen Vertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden. Dessen Sonderstellung als Zünglein an der Waage zwischen Kapital- und Arbeitnehmerseite verhinderte nicht zuletzt Ende der achtziger Jahre die feindliche Übernahme und Zerschlagung der AVA.
Wie geht's weiter? Verein der Ehemaligen? Umwandlung in eine Stiftung? »Bisher ist noch nichts entschieden«, sagt Krüger. »So lange es die AG noch gibt, haben wir dafür auch noch Zeit.«

Artikel vom 09.07.2005