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Egomanen besinnen sich

FIA und Formel-1-Teams nähern sich vorsichtig an

Silverstone (dpa). Im Drama um Macht, Einfluss und viel Geld scheint der Versöhnungs-Akt begonnen zu haben.

Wochenlang beschimpften sich FIA-Chef Max Mosley und Formel-1-Herrscher Bernie Ecclestone auf der einen sowie die Teams und Hersteller auf der anderen Seite. Nun sendeten die Protagonisten am Wochenende am Rande des Großen Preises von Großbritannien erste Zeichen der Annäherung. Eine Spaltung soll mit allen Mitteln verhindert werden.
Vor allem im Streit um das ab 2008 geltende Reglement signalisierten die Egomanen Gesprächsbereitschaft. »Wir müssen versuchen, konstruktiv über die kontroversen Dinge zu diskutieren und einen gemeinsamen Rahmen zu finden«, meinte McLaren-Teamchef Ron Dennis. Auch Renault-Kollege Flavio Briatore schlug neue Töne an: »Wir sitzen alle im selben Boot. Keiner von uns kann es sich leisten, ein Loch in dieses Boot zu schießen. Wir müssen uns alle aufeinander zubewegen und unsere Ego-Probleme zu Hause lassen. Das ist das Problem.«
Der Machtkampf tobt schon seit Jahren und hat dem Image der selbst ernannten »Königsklasse des Motorsports« geschadet. Der Streit eskalierte zuletzt nach dem Skandalrennen in Indianapolis am 19. Juni, dem anschließenden Schuldspruch gegen die Startverweigerer, und nachdem der Präsident des Automobil-Weltverbandes, Mosley, seinen 59-seitigen Entwurf für ein Reglement vorlegte. Das neue Regelwerk soll nach dem Auslaufen des »Concorde Agreement«, dem Formel-1-Grundgesetz, ab 2008 gelten. Mosleys Ziel: Die technische Hochrüstung in der Formel 1 eingrenzen, die Sicherheit erhöhen und die Kosten um bis zu 90 Prozent senken.
Derzeit hat der FIA-Chef nur Ferrari auf seiner Seite. Die anderen neun Teams und die in der GPWC zusammengeschlossenen fünf Hersteller Toyota, Renault, Mercedes, Renault und BMW arbeiten an eigenen Regel-Vorschlägen und wollen diese im August veröffentlichen. Weit voneinander liegen die beiden Entwürfe nicht. »Wenn sie andere Vorstellungen haben, lass uns sie anhören«, meinte Mosley in Silverstone. »Die Diskussion ist völlig offen.«
Im Raum steht noch immer die Drohung der Teams und Hersteller, von 2008 an eine eigene Serie aufzubauen, sollten ihre Forderungen nicht erfüllt werden. FIA-Chef Mosley hat jedoch die Macht, zur Not auch ohne Zustimmung der Teams noch 2005 seine Vorstellungen durchzusetzen.
Auf beiden Seiten scheint die Einsicht zu wachsen, dass sie nur gemeinsam eine Zukunft haben. Das sehen auch die Banken gern, die zu 75 Prozent an der Vermarktungs-Gesellschaft SLEC beteiligt sind und bei einer Spaltung der Formel 1 viel Geld verlieren würden. Die Forderungen einiger Teamvertreter nach einem Rücktritt von »Buhmann« Mosley sind längst kein Thema mehr.

Artikel vom 11.07.2005