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»London ist lange gelähmt«

Chefredakteur Robert Skellon ist Hauptstadt-Kenner

Von Ingo Steindörfer
Bielefeld (WB). Wie wohl alle Briten in Ostwestfalen-Lippe verfolgte auch Robert Skellon gestern Mittag wo immer es ging am Radio und vor dem Bildschirm die Nachrichten aus London.

Der Chefredakteur der Wochenzeitung »Sixth Sense«, die in Bielefeld für alle in Deutschland stationierten britischen Soldaten und deren Familien gemacht wird: »Wir haben hier im Moment auch keine anderen Informationsquellen als andere Zeitungen oder Fernsehstationen. Außerdem ist die Lage in London City ja insgesamt noch sehr unübersichtlich.« Was der Totalausfall der U-Bahn und des öffentlichen Nahverkehrs für eine der weltweit größten Städte bedeutet, weiß der 54-Jährige allerdings aus eigener Erfahrung: »Ich habe viele Jahre bei verschiedenen großen Zeitungen wie der ÝSunÜ in London gearbeitet. Ohne die Bahn bricht in London alles zusammen.«
Er sei sehr geschockt von dem Geschehen, sagte Robert Skellon gestern dem WESTFALEN-BLATT, da er all die Orte kenne und selbst regelmäßiger Benutzer der U-Bahn gewesen sei. »Die Attentäter haben mit kurz vor 9 exakt die Zeit der Rushhour gewählt. Da ist alles überfüllt.«
Wie lange es dauere, bis nach den Anschlägen allein das Verkehrswesen wieder halbwegs funktioniert, vermag er nicht zu sagen. Er könne sich vorstellen, das viele Menschen im Zentrum von London in Panik seien, zumal es nach dem Stillstand der von Untergrund und Bussen kaum Möglichkeiten gebe, von dort fortzukommen.
Natürlich hätten Experten damit gerechnet, dass, nachdem sich Tony Blair als engster Verbündeter von George Bush in den Irak-Krieg begeben hat, der Terror nach Großbritannien schwappt, so der Chefredakteur weiter: »Wir sind dadurch natürlich eines der Hauptziele für Terroristen geworden.« Andererseits habe man sich seit dem Ende der IRA-Bombenanschläge über Jahre sehr sicher fühlen dürfen, »vielleicht mehr als anderswo«, so der Zeitungsmann. Deshalb sei die Nation nun doch geschockt, dass eingetreten sei, was bisher nur als schreckliche Möglichkeit in Betracht gezogen wurde. Robert Skellon: »Trotz bester Katastrophen-Einsatzpläne und aller Übungen - dagegen kann man sich nicht 100-prozentig schützen.

Artikel vom 08.07.2005