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Zur Sache
Der Angriff
ist eröffnet


Im Vor-Technik-Zeitalter hätte es zwei gleich behandelte Helden der Landstraße gegeben. 9,6 Millimeter (manche Quellen sprechen auch nur von acht), die der Niederländer Pieter Weening das Ziel der achten Etappe vor dem Deutschen Andreas Klöden erreichte, sind nach einer Strecke von 231 000 Metern und einer Fahrzeit von fünf Stunden, drei Minuten und 54 Sekunden wohl kaum ein ausreichender Abstand, um nach all dieser Schufterei auch noch zwischen Gewinner und Verlierer zu unterscheiden.
Sechsmal wurden in der langen Tour-Geschichte schon Reifen an Reifen eintreffende Pedaleure gemeinsam auf Rang eins gesetzt. Allerdings ist dies nach Einführung des Foto Finish nicht mehr passiert - und auch nicht vorgesehen. Es gibt immer einen, der eher da ist als der andere. Der Blick aufs Bild beweist das auch in diesem Fall. Eine Winzigkeit, ein Wimpernschlag, eine Reifenspitze - irgendetwas in dieser Größenordnung trennte den Ersten vom Zweiten. Um das zu erkennen, mussten die Betrachter das Zielfoto schon fast mikroskopisch prüfen.
Dem geschlagenen Klöden entgingen auch noch acht weitere Sekunden Zeitgutschrift. Nun wird es ihm am Ende nicht genau daran fehlen. Doch ist der große Rad-Regent zuerst ein wenig ins Wanken geraten, danach hat er auch noch Gelb abgegeben. Daher macht sich Hoffnung breit, Armstrong könne von den Außerirdischen zurück und zumindest in diesem Jahr angreifbar sein .
Hinter dem Lance herhecheln - das mussten die Deutschen an diesem Wochenende nicht. Der neue »Gelbe«, der Berliner Jens Voigt, ist ein ausgewiesener Kämpfer, Klöden wagte den Vorstoß auf Texas schon 24 Stunden zuvor. Abgerechnet wird natürlich woanders - bei den Riesen, die nun kommen und von morgen an bitter und böse im Weg stehen. Um Millimeter wird es dann nicht mehr gehen. Friedrich-Wilhelm Kröger

Artikel vom 11.07.2005