08.07.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Zwischen Trauer und Wut

Erste Reaktionen von Briten in Herford auf die Anschläge

Von Jörn Hanneman
Herford (WB). Die Briten in Herford haben tief betroffen auf die Anschläge in London reagiert. So auch Irene Komadinic-Hodges, die wie viele ihrer Landsleute aus dem Radio von der Bombenserie hörte.

Zu der englischen Hauptstadt hat die Herforderin eine ganz besondere Beziehung. Ihr Vater ist gebürtiger Londoner - lebt inzwischen aber auch in Herford. »Diese Taten sind einfach nur heimtückisch, feige und sinnlos.«
Ihr erster Gedanke: »Das ist passiert, weil wir die Olympischen Spiele bekommen haben.« Der Zeitpunkt sei von den Tätern gezielt ausgesucht worden, ist sich die Engländerin sicher. »Die ganze Welt blickt auf London, seit bekannt ist, dass wir die Olympischen Spiele ausrichten.«
Noch größeres Unheil wäre angerichtet worden, wenn die Bomben auf dem überfüllten Trafalgar Square gezündet worden wären, wo am Mittwoch die Bekanntgabe gefeiert wurde: »Dann hätte es vermutlich mehrere Hundert Todesopfer gegeben«, ist sich Irene Komadinic-Hodges sicher.
In dem englischen Spezialitäten-Laden »Tuck Shop« erfuhr auch Ex-Soldat Dave Williams von den dramatischen Ereignissen. Ob er Verwandte oder Bekannte in der Metropole hat? »Darum geht es nicht. Terroristen haben mein Land, meine Hauptstadt angegriffen.« Zunächst glaubte er an einen terroristischen Akt der Irisch-Republikanische Armee (IRA).
Die weiteren Nachrichten hörte er mit gemischten Gefühlen. »Zorn auf die Täter mischt sich mit Trauer für die vielen unschuldigen Betroffenen. Wenn ich heute Abend auch noch die Bilder im Fernsehen sehe, wird meine Wut wahrscheinlich noch größer.«
Um stets auf dem aktuellen Stand zu sein, saß gestern auch Ex-Soldat Marvin Clarkson (Name von der Redaktion geändert) am Computer und informierte sich per Internet über die aktuellen Entwicklungen. Seinen Namen will er nicht nennen - aus Angst vor Anschlägen in Herford. Eines kann er aber auch nach mehreren Stunden nicht verstehen: »Die Opfer waren nur harmlose Pendler, alle nur Zivilisten! Wie kann man nur so grausam sein?« Er selbst stammt aus London, lebte dort bis zum 18. Lebensjahr. Seine beiden Brüder 56 und 55 Jahre alt, wohnen noch in der Nähe der englischen Hauptstadt. Beide sind wohlauf. Ein mulmiges Gefühl überkommt ihm jedoch, wenn er die Bilder von den Verletzten und Toten in den U-Bahn-Stationen sieht. »Früher bin ich da selber jeden Tag entlang gegangen.«

Artikel vom 08.07.2005