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Lehrer erlebte
drei Anschläge

Seit 50 Jahren Reisen organisiert

Von Dunja Henkenjohann
Werther (WB). »Das trifft mich sehr«, sagte Walter Treichel erschrocken, als er gestern durch das WESTFALEN-BLATT von den Terroranschlägen auf London erfuhr. Der pensionierte Lehrer aus Werther im Kreis Gütersloh fährt seit mehr als 50 Jahren ein- bis zweimal pro Jahr in die britische Hauptstadt.

Doch der Wertheraner ist nie allein unterwegs: Als Lehrer der Realschule im benachbarten Halle hat Walter Treichel unzählige Reisen für Schüler (während der Ferien) angeboten, auch für die heimische Seniorenbegegnungsstätte leitet er regelmäßig Gruppenfahrten in sämtlichen Gegenden Europas. Und mindestens einmal im Jahr geht's nach London. Im vergangenen Jahr ist der Begründer der »Arbeitsgemeinschaft für internationale Begegnung« in Halle für seinen Einsatz für die deutsch-britische Verständigung sogar mit der Verdienstmedaille ausgezeichnet worden.
Doch gestern hat die Inselmetropole für den England-Fan, der London wie seine eigene Westentasche kennt, ein völlig neues Gesicht bekommen. Im Fernsehen verfolgte er die ersten Bilder von den Unglücksorten und schüttelt mit dem Kopf: »Im ersten Augenblick habe ich vor allem an die zahlreichen Gruppenleiter gedacht, die gerade jetzt zu Beginn der Ferien gemeinsam mit vielen Menschen aus ihrer Heimat vor Ort waren«, erzählt Walter Treichel.
Die Terroranschläge wecken bei dem 68-Jährigen die Erinnerung an drei ähnliche Ereignisse, die er während seiner Reisen miterlebt hat: »In der Oxford Street ist vor mehr als 20 Jahren in der Nähe meiner Reisegruppe in einem Mülleimer eine Briefbombe explodiert, seitdem gibt es im Finanzviertel der Stadt keine Papierkörbe mehr«, erzählt Treichel. Dabei sei in der Nähe der Partnerschule ein ganzer Bus von der Detonation zerfetzt worden.
Auch das »Museum of Science« sei während eines Besuchs seiner Reisegruppe wegen einer Bombendrohung evakuiert worden. »Und auf einer Rückfahrt musste unser Bus umgeleitet werden, weil die IRA Bombenanschläge auf geparkte Autos verübt hat.«
»In einer Großstadt muss man vor allem als Reiseleiter immer darauf vorbereitet sein, dass etwas passieren kann«, sagt Walter Treichel. »Dennoch: Die Stadt liegt mir am Herzen, und wenn so ein Terroranschlag mitten ins Herz von Europa trifft, ist das sehr, sehr schlimm.«

Artikel vom 08.07.2005