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Möbelfirmen fordern flexiblere Löhne

Pilotabschluss: Branche lobt neue Öffnungsklauseln für Arbeitszeit und Weihnachtsgeld

Von Bernhard Hertlein
Löhne (WB). Die heutige Tarifrunde in der nordrhein-westfälischen Holz- und Möbelindustrie kann schnell zu Ende gehen. Ein aus Niedersachsen vorliegender Pilotabschluss stieß gestern während der OWL-»Möbelrunde« bei Arbeitgebern und IG Metall auf breite Zustimmung.

Das vom CDU-Abgeordneten Dr. Reinhard Göhner veranstaltete traditionelle Branchengespräch drehte sich beim Küchenhersteller Bauformat in Löhne fast nur um den geplanten neuen Manteltarif. Ein Sanierungsabschluss des größten deutschen Küchenproduzenten Alno (Pfullendorf) ärgert andere. Wie berichtet, erklärte die Nummer 2 der Branche deshalb bereits ihren Austritt aus der Tarifgemeinschaft: Nobilia (Verl) will die Löhne und Gehälter künftig selbst mit der Gewerkschaft aushandeln.
Wie Antonius Engberding (IG Metall) bei der Podiumsdiskussion ausführte, beinhaltet der niedersächsische Abschluss Öffnungsklauseln, die es Betrieben ermöglichen, etwa die Wochenarbeitszeit von 35 auf 39 Stunden zu erhöhen. Ausgeglichen werden kann diese im Jahresverlauf über Bezahlung oder zusätzlichen Urlaub. Auch die Jahresleistung (»Weihnachtsgeld«) kann individuell zwischen 37,5 und 87 Prozent schwanken.
Auch Verbandssprecher Dr. Lucas Heumann lobte die neue Flexiblität. Zugleich mahnte er, dass es diese auch bei der Festsetzung der Löhne geben müsse -Ê»und zwar bevor ein Betrieb zum Sanierungsfall wird«, ergänzte Bauformat-Geschäftsführer Carl-Helmuth Wegener. Ein »flexibler« Umgang mit dem Tarifvertrag ist schon jetzt nach Angaben von Dr. Heinrich Griem »normal«. Griem ist Mitglied im Beirat der Schieder-Gruppe, die seit vielen Jahren einen Haustarif aushandelt.
Wie schwierig die Lage in der Möbelbranche nach wie vor ist, beschrieb der Hauptgeschäftsführer der deutschen Möbelindustrie, Dirk-Uwe Klaas. In den vergangenen zehn Jahren reduzierte sich der Umsatz jährlich um durchschnittlich drei Prozent. Die Zahl der Beschäftigte ging von 180 000 auf 127 000 zurück. Wenn der Trend einschließlich der positiven Entwicklung im Export so anhalte, beschäftige die Branche 2015 nur noch 94 000 Arbeitnehmer.

Artikel vom 08.07.2005