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Kontakt zum Sohn erst mit Verspätung

Nach den Anschlägen Sorge um das Wohlergehen von Freunden und Angehörigen

Bielefeld (bp//MiS/jr/). Entsetzen, Erschütterung, Besorgnis um Freunde oder Angehörige - das waren die Gefühle, die Bielefelder gestern nach den Anschlägen von London bewegten. Ein Dutzend Bielefelder Firmen mit Niederlassungen in der britischen Hauptstadt überzeugten sich davon, dass Mitarbeitern nichts passiert war.

Caroline Brown (41), Lehrerin an der Berlitz-Sprachschule, fühlte sich zurück versetzt ins Jahr 1997: »Da habe ich als Studentin in in London miterlebt, wie direkt neben meinem College ein Bus bei einer Terrorattacke explodierte, wie Menschen starben.« Trotzdem habe sie damals weiter Busse und U-Bahnen benutzt: »Das geht einfach am schnellsten.«
Auch der Bielefelder Choreograf Philipp Lansdale, in Brighton geboren, ist tief erschrocken und wütend: »Unschuldige Menschen sind gestorben. Die U-Bahn ist verletzlich, aber man muss mit ihr fahren, wenn man in London vom Fleck kommen will.«
Der Bielefelder Ulrich Rath (44) ist seit 1998 als Mediziner in London tätig. Seine Eltern Marlies und Wolfgang Rath, die in Stieghorst zu Hause sind, hatten zunächst keinen Kontakt zu ihrem Sohn aufnehmen können. Sein Bruder Joachim erreichte ihn schließlich über Handy an seinem Arbeitsplatz im Krankenhaus, bevor das Mobilnetz zusammengebrochen war. Er sei wohlauf und versehe seinen normalen Dienst, berichtete Rath.
Verunsichert, wie es Freunden und ehemaligen Kollegen vom Institut for Cancer Research in London erging, war auch Dr. Andreas Degenhardt. Der Physiker an der Universität Bielefeld hat von 1999 bis 2002 in der englischen Hauptstadt gearbeitet. »Ich habe sofort Mails verschickt«, erzählt er. Die Antworten kamen prompt: Allen geht es gut.
Der Popsänger Ray Dorset alias »Mungo Jerry« (58/»In the Summertime«) und dessen Frau Britta, die in Bielefeld wohnen, verfolgten das Geschehen vor dem Fernseher. »Wir sind oft in London, ich hoffe, dass niemand, den wir kennen, unter den Opfern ist.«
Eddie Gray, der eine Sprachschule und ein Soccer-Zentrum betreibt, ist erschrocken: »Als Ex-Soldat packt mich beim Anblick der Fernsehbilder eine schreckliche Wut.« Rudolf Delius, Vorsitzender der Deutsch-Britischen Gesellschaft, ist froh, dass seines Wissens zurzeit keine Reisegruppe aus Bielefeld in London ist: »Und auch die Schulklassen sind ja wieder daheim.« Christiane Müller, Seidensticker-Sprecherin, weiß, dass auch den Mitarbeitern der Londoner Tochtergesellschaft nichts passiert ist: »Das haben wir nachgeprüft.« Auch bei Oetker hat man sich umgehend überzeugt, dass es den Mitarbeitern des Londoner Büros gut geht: »Alle sind wohl auf.«

Artikel vom 08.07.2005