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»Schaden vom Konzern abwenden«

Pischetsrieder »respektiert« Rücktritt von VW-Vorstand Peter Hartz -ÊSchröder bedauert

Wolfsburg (dpa/Reuters). VW-Personalvorstand Peter Hartz hat am Freitag mit seinem Rücktritt die politische Verantwortung für Unregelmäßigkeiten einzelner Mitarbeiter übernommen. Hartz wolle damit Schaden vom Konzern abwenden, erklärte der Vorstandssprecher Bernd Pischetsrieder.

»Wir respektieren das Angebot von Dr. Peter Hartz, die politische Verantwortung für die Ereignisse zu übernehmen«, sagte Pischetsrieder. Zugleich versprach er »eine lückenlose und zügige Aufklärung ohne Rücksicht auf Ämter und Personen«. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) bedauerte das Rücktrittsangebot des VW-Personalvorstands. Gerhard Schröder würdigte ebenfalls die Arbeit von Hartz. Er habe »sehr sehr viel« für das Unternehmen und für Deutschland getan, sagte der Bundeskanzler. Außerhalb von Volkswagen ist der Name Hartz untrennbar mit den Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Bundesregierung verbunden.
Der VW-Personalvorstand steht wegen seiner außergewöhnlich engen Zusammenarbeit mit dem Konzernbetriebsrat seit Tagen massiv in der Kritik. Betriebsratschef Klaus Volkert war in Zusammenhang mit den Korruptionsvorwürfen gegen den früheren Skoda-Personalchef Helmuth Schuster bereits vor gut einer Woche überraschend zurückgetreten. Nach derzeitiger Faktenlage steht Hartz mit der eigentlichen Schmiergeld-Affäre nicht in Verbindung. Zuletzt war ihm aber vorgeworfen worden, dem VW-Betriebsrat einen Etat für Reisen zur Verfügung gestellt haben, ohne diesen zu kontrollieren. Berichte über Lustreisen und Prostituierte, die aus diesem Etat finanziert worden sein sollen, erhöhten den öffentlichen Druck. Hartz hatte vor dem Rücktritt vehement alle Vorwürfe zurückgewiesen.
Hauptpersonen der Affäre sind bislang der frühere Skoda-Personalchef Helmuth Schuster und ein früherer Mitarbeiter Schusters, der in der VW-Personalabteilung für die Beziehungen zum Betriebsrat zuständig war. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die beiden Männer wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue. Sie sollen Gelder, die eigentlich VW oder der tschechischen Tochter Skoda zugestanden haben, über ein »Firmengeflecht« auf eigene Konten umgeleitet haben.
Medienberichten zufolge besteht das Geflecht aus Tarnfirmen in Indien, Angola, Tschechien, Luxemburg und der Schweiz. Wegen angeblicher Schmiergeldforderungen Schusters im Zuge des geplanten Baus einer VW-Autofabrik in Indien hatte Pischetsrieder die Pläne vorerst auf Eis gelegt.
Hartz war seit 1993 Arbeitsdirektor bei VW. Er war maßgeblich an wichtigen tarifpolitischen Abschlüssen bei dem Autobauer beteiligt. So wird sein Name vermutlich immer mit der Vier-Tage-Woche, mit dem Modell »5000 mal 5000« und der Sicherung von Zehntausenden von Arbeitsplätzen verbunden bleiben.
Bei VW galt Harzt zusammen mit Volkert als eine der Säulen für das »System VW« - die enge Zusammenarbeit von Betriebsrat, Gewerkschaft und Vorstand. Hartz gehört selbst nicht nur dem Konzernvorstand, sondern gleichzeitig auch der Gewerkschaft und der SPD an.
Pischetsrieder und sein neuer Hoffnungsträger, VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard, dürften im Rückzug von Hartz und Volkert auch die Chance für einen Neubeginn sehen. Denn dem Unternehmen geht es nicht gut. Kostensenkungen hat der Vorstand als Devise ausgegeben. Erste Zahlen sind auch schon genannt. Sieben Milliarden Euro will Bernhard sparen. Bisher liegen die Fertigungskosten um bis zu 40 Prozent über denen der Wettbewerber und der Haustarif gewährt VW-Beschäftigten um bis zu 20 Prozent höhere Löhne als bei der Konkurrenz.

Artikel vom 09.07.2005