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Streit um Steuereinnahmen

Merkel und Stoiber sollen Lösung finden - Seehofer will Arbeitsmarktreform

München (dpa). Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Edmund Stoiber sollen den unionsinternen Streit um die Verwendung von Mehreinnahmen nach einer Mehrwertsteuererhöhung in einem Spitzengespräch lösen.

Das CSU-Präsidium gab Stoiber gestern in München nach Angaben von Generalsekretär Markus Söder ein »klares Verhandlungsmandat«, offene Fragen zum Wahlprogramm mit Merkel direkt zu klären. Der bayerische Staatskanzleichef Erwin Huber (CSU) sagte: »Wir sind auf einem guten Weg.«
Das Wahlprogramm soll am kommenden Montag nach einer gemeinsamen Vorstandssitzung von CDU und CSU in Berlin vorgestellt werden. Die beiden Schwesterparteien wollen die Mehrwertsteuer voraussichtlich um zwei Prozentpunkte auf 18 Prozent anheben.
Differenzen gibt es aber über die Verwendung der Mehreinnahmen. Während Merkel damit vor allem die Lohnnebenkosten senken will, fordern die CSU und auch einige CDU-Ministerpräsidenten einen Anteil zur Haushaltskonsolidierung in den Ländern.
Das Thema ist Söder zufolge auf der CSU-Präsidiumssitzung angesprochen worden, Entscheidungen seien jedoch nicht gefallen. »CDU/CSU sind sich insgesamt einig, dass wir auf Dauer eine Haushaltskonsolidierung brauchen«, sagte Söder. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts werde gemeinsam formuliert. In der Steuerpolitik stehe die Vereinfachung eindeutig im Vordergrund vor der Entlastung.
Söder, der gemeinsam mit Huber auf CSU-Seite die Verhandlungen mit der CDU führte, kündigte ein »sauber finanziertes Programm« an: »Wir werden einen klaren Gegenentwurf zum Lügenmanifest der SPD vorlegen.« Wichtig seien der Union konkrete und ehrliche Aussagen.
Die stellvertretende CSU-Chefin Barbara Stamm forderte, eine mögliche Erhöhung der Mehrwertsteuer dürfe nicht zu einer höheren Belastung der Bürger führen. Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Horst Seehofer sagte, es sei vordringliche Aufgabe, den Haushalt und die Sozialsysteme in ihrer Struktur zu verbessern. »Dann müssen wir sehen, wie wir das finanzieren.«
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) kritisierte die Steuerpläne der Union als unseriös und unverantwortlich. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sei in der gegenwärtigen Konjunkturlage mit einer nach wie vor schwachen Binnennachfrage »das falsche Instrument«, sagte er in Berlin. Der Minister wandte sich auch gegen einen Freibetrag von 8000 Euro zur Entlastung von Familien mit Kindern. Die Union produziere Einnahmeausfälle, lasse aber die Finanzierung offen.
Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat sich gestern für eine Zahlung des Arbeitslosengeldes erst nach mehr als zehn Versicherungsjahren ausgesprochen. Das Arbeitslosengeld solle künftig nur noch denjenigen gewährt werden, die mehr als zehn Jahre Beiträge gezahlt hätten, sagte Seehofer.
Gestaffelt nach der Versicherungsdauer könne dieser das Geld dann zwischen einem und zwei Jahren beziehen. Um für Ältere keinen Anreiz zur Frühverrentung zu geben, müssten auch die Rentenabschläge im Vorruhestand erhöht werden.
Zudem wandte sich Seehofer bei der Grundsicherung, dem Arbeitslosengeld II, gegen eine Anhebung des Osttarifs auf Westniveau. Dies würde einen Präzedenzfall mit Auswirkungen auf alle Sozialversicherungen schaffen, sagte er.
Als Folge würde der Druck erheblich steigen, etwa in der gesetzlichen Rentenversicherung oder bei den Honoraren der ostdeutschen Ärzte eine Angleichung auf Westniveau vorzunehmen. »Dann aber drohen uns saftige Beitragserhöhungen.«
Arbeitslosengeld erhält nach der jetzigen Gesetzeslage derjenige, der innerhalb der vergangenen zwei Jahre vor der Arbeitslosigkeit zwölf Monate Beiträge gezahlt hat. Das Arbeitslosengeld wird dann für höchstens zwölf Monate, bei Älteren für maximal 32 Monate ausgezahlt.

Artikel vom 08.07.2005