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»Politische
Niederlage«

Enttäuschung in Paris

Paris (dpa). Mit tiefer Enttäuschung und Fassungslosigkeit haben die Pariser auf die Vergabe der Olympischen Spiele 2012 an London reagiert.

Eine »herbe Enttäuschung«, sagte der französische Sportminister Jean-François Lamour. Präsident Jacques Chirac, der sich in Singapur noch persönlich für Paris eingesetzt hatte, wahrte die Form und gratulierte kurz und knapp: Er wünsche den Briten »viel Glück und einen vollen Erfolg bei der Veranstaltung der XXX. Olympiade«.
Französische Sportler und Funktionäre gaben jedoch zu verstehen, dass bei der Entscheidung vielleicht doch andere als rein sportliche Motive mitgespielt hätten. Dieses Ergebnis zeige, dass das IOC ausgesprochen britisch ausgerichtet sei, sagte der Basketball-Star Tony Parker. »Wir haben alles getan, was man tun musste, um die Spiele zu bekommen.«
Das französische IOC-Mitglied Jean-Claude Killy: »Jetzt müssen wir warten, bis sich der Staub gelegt hat, und ein neues Abenteuer wagen.« Ex-Außenminister Michel Barnier erklärte, die Wahl sei »nicht politisch motiviert« gewesen. Dagegen erklärte der ehemalige Ski-Olympiasieger Luc Alphand: »Wir sind keine guten Lobbyisten. Für mich ist das eine politische Niederlage.«
Besonders bitter: Beim G8-Treffen in Gleneagles muss Chirac zu allem Übel noch seinem Erzrivalen, Premierminister Tony Blair aus London, gratulieren. »Ein weinender Jacques und ein lachender Tony« werden sich in Schottland gegenübersitzen, meinten Fernsehkommentatoren in Paris. Das Verhältnis zwischen Blair und Chirac ist eisig und Chirac muss sich bemühen, gute Miene zum »bösen« Spiel zu machen.

Artikel vom 07.07.2005