07.07.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Die neue Angela Merkel: »Endfrisur« und Apricotblazer

Die Unionschefin hat ihren Stil gefunden - Starfriseur Udo Walz begeistert

Von Caroline Bock
Berlin (dpa). Eigentlich gehört es nicht mehr zum guten Ton, über das Äußere von Politikerinnen zu reden. Bei Angela Merkel aber gilt die positive Ausnahme.

Im Medienzeitalter sind mitunter sogar die Männer dran, seien es die Haare des Kanzlers oder das aktuelle Gewicht des Außenministers. Wer eine öffentliche Person und dazu noch eine Frau ist, muss mit noch mehr Stilkritik leben: Unions-Kanzlerkandidatin Merkel kennt das nur zu gut.
Früher nannten die Kabarettisten sie »Prinzessin Eisenherz«, »sprechenden Hosenanzug« oder »Domina der CDU«. Doch spätestens seit die 50-Jährige im apricotfarbenen Blazer vor himmelblauem Hintergrund verkündete, sie wolle Deutschland dienen, sind sich die Merkelologen einig: Die CDU-Chefin sieht jetzt besser aus als früher - zumindest haben sie den Eindruck.
»Ein Aschenputtel erscheint in neuem Licht«, diagnostiziert der »Stern« und befindet: »Wer leiten will, muss schön sein.« Die »Frankfurter Sonntagszeitung« hat eine »Radikalkur« und einen »neuen Lady-Look« ausgemacht und die »Bunte« findet Merkel »attraktiv wie nie«. Star-Friseur Udo Walz jubelt: »Frau Merkel sieht fantastisch aus.« Mehr sagt er aber nicht, seine Kundin hat es nicht gern, wenn Walz öffentlich über die »Endfrisur«, einen durchgestuften Bob mit geföntem Pony, räsoniert.
Ein Trost mag es für Merkel sein, dass selbst Ex-First-Lady Hillary Clinton ein Leben lang auf der Suche nach der richtigen Frisur war, wie sie in ihrer Biografie schreibt. Auch Ex-Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) musste sich damit abfinden, dass sich die Journalisten mehr für ihre Ohrringe als für ihre Meinung zur Eigenheimzulage interessierten.
Zu Bonner Zeiten, als »Kohls Mädchen« und Ministerin, war Merkel unauffällig, nach dem Motto: Hauptsache bequem. Berühmt ist das Bild, auf der die noch junge Politikerin in Schlabbershirt und Jeansrock in einer Fischerhütte auf Rügen sitzt. »Trotzig wollte sie über Jahre durch ihre Kleidung, ihre Frisur signalisieren, dass ihr Körper ihr gehört, nicht der Öffentlichkeit«, glaubt Merkels Biograf Gerd Langguth. Seiner Meinung nach brauchte sie Zeit, um zu erkennen, wie wahlentscheidend Äußerlichkeiten in einer medial geprägten Demokratie sein können.
Medienforscher Prof. Lutz Erbring (Freie Universität Berlin) glaubt indes nicht an die These, dass Outfit und Aussehen viel Einfluss haben. »Das wird überschätzt«, meint er und verweist auf den Erfolg des nicht gerade fotogenen Helmut Kohl. »Auch Frau Thatcher war kein Ausbund von griechischer Schönheit.« Zugleich hat auch er beobachtet, dass jetzt mehr schmeichelhafte Bilder von Angela Merkel zu sehen sind, weil Motive ausgewählt werden, die zur Stimmung passen.
Die Kanzlerkandidatin selbst will sich zu Mode und Styling nicht äußern. Sie höre auf ihre Sprecherin Eva Christiansen und Büroleiterin Beate Baumann, glauben Beobachter. Das Make-up sieht deutlich aufwendiger aus als früher, Merkel trägt Kreationen der Berliner In-Designerin Anna von Griesheim. Fließende Hosenanzüge und bequem- elegante Schuhe gehören zu ihrem Standardoutfit, das parteiübergreifend auch viele ihrer Kolleginnen bevorzugen. Zu begutachten ist derzeit das weibliche Berliner-Republik-Outfit nicht beim Friseur in den einschlägigen zeitschriften, sondern fast jeden Sonntag im TV bei Sabine Christiansen.

Artikel vom 07.07.2005