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Mutter kommt
siebeneinhalb
Jahre in Haft

23-Jährige erstickte eigenes Kind

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB. Weil sie ihren 22 Monate jungen Sohn getötet hat, soll die Bielefelderin Simone K. siebeneinhalb Jahre Haft absitzen. Das hat gestern das Bielefelder Schwurgericht entschieden, das gegen die 23-jährige Frau obendrein die Unterbringung in der Psychiatrie anordnete.
Manuel, das Opfer.

»Eigentlich steht man fassungslos am Ende eines langen Verfahrens, weil das Ergebnis lautet: Eine Mutter hat ihr Kind getötet«, sagte gestern Schwurgerichts-Vorsitzende Jutta Albert. Für die Richter habe »kein Zweifel« an der grausamen Erkenntnis bestanden, dass Simone K. den kleinen Manuel am 25. Juli 2004 erstickt habe.
In elenden Verhältnissen hatte die Großfamilie K. gehaust: Nachdem das Haus wenige Tage vor dem schrecklichen Tod des Kleinkindes abgebrannt war, zogen die sechs Erwachsene und sechs Kinder in zwei Wohnwagen. Besonders erniedrigend: Dirk K., Ehemann der jetzigen Angeklagten, vegetierte in einem Unterstand.
Schon die anderen beiden Söhne von Simone K. waren wegen ungeklärter Krankheitsbilder in der Bielefelder Kinderklinik behandelt worden, als am 25. Juli 2004 erneut ein Notarzt zu der Familie gerufen wurde: Simone K. hatte den kleinen Manuel nach eigenen Angaben leblos in seinem Bettchen gefunden. Der Junge wurde wiederbelebt, starb aber zwei Tage später im Krankenhaus.
Im Dezember wurde Simone K. inhaftiert. Staatsanwalt Christoph Mackel ermittelte gegen die Mutter wegen des Verdachts des Totschlags. Intensive Untersuchungen der Münsteraner Rechtsmediziner hatten nur eine Todesursache bewiesen: Manuel war mit einem Kissen oder einem anderen weichen Gegenstand erstickt worden. Aus diesem Beweis und der objektiven Tatsache, dass allein Simone K. sich an jenem Abend um ihr Kind gekümmert hatte, schlossen nun auch die Richter die Täterschaft der Mutter. Jutta Albert: »Ein unbekannter Dritter als Täter scheidet aus.« Das Gelände war rundum eingezäunt, ungezählte Hunde bewachten das Grundstück.
Simone K. wurde gestern einstweilig in der Psychiatrie untergebracht. Sie leidet unter dem Borderline-Syndrom, das Gericht hielt sie für nur eingeschränkt schuldfähig. Nicht auszuschließen sei, das sie weitere Taten begehe - wenn sie nicht therapiert werde, erneut einen Partner und dann weitere Kinder habe. Die Geschwister des getöteten Jungen leben inzwischen in Pflegefamilien, sie sind wohlauf und gesund. Dr. Detlev Binder, der Anwalt der Mutter, strebt eine Revision an.

Artikel vom 06.07.2005