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VW-Skandal erreicht Hartz

Personalvorstand wehrt sich - Reisen und Schmiergeld im Spiel

Wolfsburg (dpa). Im Sog der VW-Schmiergeldaffäre um den Ex-Skoda-Personalchef Helmuth Schuster gerät Personalvorstand Peter Hartz immer mehr in die Schusslinie.
»Die Vermutung der ÝSüddeutschen ZeitungÜ - VW-Vorstand soll Betriebsrat gekauft haben - ist absurd«, wies dieser alle Vorwürfe zurück und sagte: »Der Konzern wird alle Vorwürfe lückenlos aufklären und hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG eingeschaltet.«
Auch der überraschend zurückgetretene Konzernbetriebsratschef Klaus Volkert äußerte sich am Abend erstmals zu den Vorwürfen. Volkert erklärte über seinen Anwalt, er habe mit den angeblichen Verstrickungen in unsaubere Geschäfte und in das Geflecht von Tarnfirmen nichts zu tun. »Mich mit solchen Vorgängen auch nur im Entferntesten in Verbindung zu bringen, ist eine infame Verleumdung.« Zugleich gestand er ein, sich auf Drängen Schusters zur Übernahme eines Gesellschafteranteils an der tschechischen Firma F-Bel bereit erklärt zu haben. Das bedauere er. Die Firma habe aber keine Geschäfte getätigt.
Die »Süddeutsche Zeitung« hatte berichtet, dass der Vorstand dem Betriebsrat über Jahre hinweg unter anderem teure Lustreisen genehmigt habe. Eigenbelege über Summen bis zu 30 000 Euro seien vom Vorstand abgesegnet worden, etliche Belege von Hartz persönlich abgezeichnet worden. Auch Treffen mit Prostituierten seien finanziert worden. Im Gegenzug seien Betriebsräte oft bereit gewesen, auf Vorstandslinie zu argumentieren.
Niedersachsens Regierungschef und VW-Aufsichtsratsmitglied Christian Wulff (CDU) bekräftigte seine Forderung nach einer »ergebnisoffenen« Untersuchung. »Niemand ist sakrosankt, niemand bekommt einen Persilschein, niemand bekommt Absolution, während noch ermittelt wird«, betonte Wulff. »Und da einige Vorgänge in der Zuständigkeit von Herrn Hartz liegen, muss ergebnisoffen untersucht werden.«
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nahm Hartz in Schutz. Dieser stehe nicht in Frage, sagte Schröder. Mit seiner innovativen Politik habe sich Hartz um das Unternehmen verdient gemacht.
Der neue Betriebsratschef Bernd Osterloh, der gestern in sein Amt gewählt wurde, hat deutlich gemacht, was derzeit auf dem Spiel stehe: Es gebe »Kräfte«, die versuchten, die Arbeitnehmervertretung zu schwächen, weil ihnen die Stärke von Betriebsrat und IG Metall »schon lange ein Dorn im Auge ist«, schrieb er in einem Brief an die Beschäftigten.
Der niedersächsische Wirtschaftsminister und VW-Aufsichtsratsmitglied Walter Hirche (FDP) erklärte, der VW-Aufsichtsrat habe nichts von den illegalen Geschäften um Schuster gewusst. Es sei »mit krimineller Energie« vorgegangen worden, sagte Hirche. Gegen Schuster und einen seiner Mitarbeiter ermittelt die Braunschweiger Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue. Sie sollen Gelder, die VW oder der tschechischen VW-Tochter Skoda zugestanden haben, über ein »Firmengeflecht« auf eigene Konten umgeleitet haben. Außerdem soll Schuster Schmiergeld verlangt haben.
Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass Aktenordner geprüft würden. Die in Medienberichten erhobenen Vorwürfe von Bestechung und Bestechlichkeit seien nicht Gegenstand der Ermittlungen.Themen der Zeit:
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Artikel vom 06.07.2005