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Kohl Zeuge im Pfahls-Prozess

Auch Genscher, Kinkel, Waigel und Schäuble geladen

Augsburg (dpa). Im Prozess gegen den früheren Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls wegen Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung sollen Altkanzler Helmut Kohl (CDU) und mehrere Mitglieder seiner damaligen Regierung als Zeugen aussagen.
Das hat das Landgericht Augsburg gestern angekündigt. Kohl, die Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel (beide FDP) sowie der frühere Finanzminister Theo Waigel (CSU) sollen am 26. Juli in den Zeugenstand treten. Der frühere Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) soll am 3. August gehört werden.
Pfahls war unter Kanzler Kohl von 1987 bis 1992 Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Der 62-Jährige soll laut Anklage im Zusammenhang mit einer Panzerlieferung an Saudi-Arabien von dem Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber umgerechnet zwei Millionen Euro Schmiergeld erhalten und nicht versteuert haben.
Zum Prozessauftakt in der vergangenen Woche hatte Pfahls die Annahme von Schmiergeld in dieser Höhe gestanden, Bestechlichkeit aber bestritten. Kohl hatte in der CDU-Spenden-Affäre immer betont, seine Regierung sei nie käuflich gewesen. Pfahls hatte erklärt, er habe die umstrittene Entscheidung für die Panzerlieferung nach Saudi-Arabien nicht beeinflusst und nur einen Beschluss des Bundessicherheitsrates vollzogen.
Gerichtssprecher Karl-Heinz Haeusler betonte, bei der Ladung von Kohl und Mitgliedern der damaligen Regierung handele es sich nicht um eine »Schauveranstaltung«. Die Kammer sei verpflichtet, dem Vorwurf der Bestechlichkeit gegen Pfahls nachzugehen. Wenn Pfahls aussage, er habe nur weisungsgebunden gehandelt, müsse das Gericht dies durch Zeugenvernehmungen nachprüfen.
Die Verlesung bislang streng geheimer Unterlagen aus dem Bundesverteidigungs- und dem Außenministerium ergab gestern, dass es innerhalb der Kohl-Regierung 1990/91 unterschiedliche Auffassungen über die Lieferung der 36 Fuchspanzer gegeben hat. Während Kohl und der damalige Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) offensichtlich das Panzergeschäft befürworteten, war Genscher eher dagegen.

Artikel vom 06.07.2005