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Schnauferl-Parade auf dem Schüco-Parkplatz

Bielefeld Etappenziel bei Oldtimer-Wanderfahrt

Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). Der White-Dampfwagen von 1910 bullert und zischt wie ein Wasserkessel. Aber Arthur Thomson aus Salisbury in Südengland ist hochzufrieden mit seinem alten Schätzchen. Die rund 30 Kilometer von Melle über Spenge zum Schüco-Gelände an der Karolinenstraße in Bielefeld hat es problemlos bewältigt.

Der White Dampfwagen ist einer von 40 Schnauferln, die an der vom Automuseum Melle organisierten Wanderfahrt durch Ostwestfalen-Lippe teilnehmen. Gestern legte die Oldtimer-Karawane einen Zwischenstopp in Bielefeld ein.
Der Osnabrücker Heiner Rössler hat die Fahrt organisiert. Zu jedem der historischen Fahrzeuge kann er eine Geschichte erzählen. Ein solcher White Dampfwagen etwa sei das erste Fahrzeug gewesen, das vom Weißen Haus in Washington angeschafft worden sei. »Der war so schön leise.« Die Technologie des Wagens, der wie eine kleine Dampfmaschine funktioniert, »ist noch immer so fortschrittlich, dass sie bestimmt mal wieder kommt«, findet Rössler.
Als die Schüco-Mitarbeiter am Montag in die Mittagspause gingen, hatte sich der Firmenparkplatz in ein Automuseum verwandelt. Im Minutentakt fuhren die Oldtimer vor. Die meisten Teilnehmer an der Wanderfahrt waren aus England angereist. Mit dabei aber auch Belgier, Niederländer, Österreicher oder Amerikaner.
»Unsere Wanderfahrt ist einmalig«, sagt Rössler. Das habe sich in den Oldtimer-Kreisen herumgesprochen. Das Besondere an der Tour, die alljährlich vom Museum organisiert wird: Die Fahrtroute verläuft auf Straßen und Wegen, wie es sie auch vor 100 Jahren gegeben haben könnte. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Landpartie.
Und so bekommt man einen Eindruck davon, wie die Menschen Anfang des 20. Jahrhunderts, zu Beginn des automobilen Zeitalters, unterwegs waren. Zum Beispiel in der französischen Luxuskarosse der Marke »Lorraine Dietrich«, Baujahr 1912. »Einige Tage«, berichtet Rössler, hätten die Herrschaften benötigt, um mit diesem Fahrzeug von Paris an die Cote d'Azur zu reisen. »Mit mehreren Ersatzreifen auf dem Dach.«
Heute fahren Robert und Sally Vincent aus dem englischen Frinton-on-Sea damit auf Tour. Und auch sie gönnen sich auf der Wanderfahrt mit Gleichgesinnten »mehrere Tage«, um das Osnabrücker Land und Ostwestfalen-Lippe kennen zu lernen.
Nach dem Zwischenstopp in Bielefeld ging es gestern weiter nach Bad Salzuflen. Nach einer Übernachtung starten die Oldtimer und ihre Fahrer heute zu einer Rundfahrt durchs Lipperland, um dann am Mittwoch gemächlich nach Melle zurückzukehren.
Dort werden die meisten dann auf einen Transporter verladen und in ihre Heimat zurückgebracht. Aber mancher Veteran, verrät Rössler, tritt die Heimfahrt auch auf den eigenen vier Rädern an.

Artikel vom 05.07.2005