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Als Strafrechtler sehr
hohe Maßstäbe gesetzt

Walfried Woiwode geht in den Ruhestand

Bielefeld (uko). Einer der wenigen Richter, die in allen juristischen Fraktionen allerhöchsten Respekt genießen, beendet seine berufliche Laufbahn: Walfried Woiwode, langjähriger Vorsitzender des Schwurgerichts des Bielefelder Landgerichts, geht mit Ablauf des Juli in den Ruhestand.

Walfried Woiwode stammt aus Schlesien. Nach dem Krieg flüchtete er mit seiner Familie, die sich in Barkhausen bei Minden niederließ. Er legte das Abitur am Mindener Bessel-Gymnasium ab und studierte Rechtswissenschaften in Tübingen, Hamburg und Münster. Das große Staatsexamen in der Tasche, kam er 1969 zum Landgericht Bielefeld und war zunächst Beisitzer in einer Zivilkammer, dann in der 4. Großen Strafkammer. Nach Abstechern zum Amtsgericht Gütersloh und zur Staatsanwaltschaft im so genannten Laufbahnwechsel wurde Walfried Woiwode 1972 zum Richter am Landgericht Bielefeld ernannt.
Nachdem er schon zu Beginn des Jahres 1982 den Vorsitz des Schwurgerichts übernommen hatte, erhielt er zwei Monate später zudem die Ernennung zum Vorsitzenden Richter am Landgericht. Walfried Woiwode war bis zum 30. Juni 1995 Chef des Schwurgerichts, so lange wie kein anderer Richter vor ihm. Seither saß er der 2. Zivilkammer vor, die nun in die 22. Zivilkammer umbenannt ist.
Ebenso wie zuletzt als Ziviljurist genoss Walfried Woiwode als Strafrichter höchstes Ansehen weit über die Grenzen des Landgerichtsbezirks hinaus. Geprägt habe ihn gleich zu Beginn der Schwurgerichts-Tätigkeit das bedrückende Verfahren gegen einen Mann, der in Rheda-Wiedenbrück zwei junge Anhalterinnen vergewaltigt und ermordet hatte. Es folgten aufsehenerregende Verfahren um einen versuchten Polizistenmord, den dreifachen Mord auf dem Reiterhof in Enger und der Strafprozess gegen den Adjutanten des Konzentrationslager Maydanek.
Als spektakulärster Fall in seiner Ära als Schwurgerichtsvorsitzender gilt vielen Juristen das Verfahren um den »Friller Mord auf Bestellung«. Ein Bauer hatte seinen Sohn töten lassen wollen, doch der gedungene Mörder erschoss fälschlicherweise den Nachbarssohn. Das Urteil des Schwurgerichts: Lebenslange Freiheitsstrafe für den Auftragskiller, jedoch nur 13 Jahre Haft für den Auftraggeber wegen versuchter Anstiftung zum Mord. Damit legte sich Walfried Woiwode mit den oft unverständlichen Entscheidungen des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofes an, der das Urteil dann meinte korrigieren zu müssen.
Woiwode und seine Kammer mochten auch den irrigen Ansichten des BGH nicht folgen, der einige Jahre hinweg punktum ab 2,0 Promille Blutalkoholkonzentration bei jedem Täter automatisch eine verminderte Schuldfähigkeit annahm. Woiwode, der mit seinen pragmatischen Entscheidungen hohe Maßstäbe als Schwurgerichts-Vorsitzender setzte: »Wir dachten, was der 4. Strafsenat macht, kann nicht richtig sein.«

Artikel vom 05.07.2005