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CDU plant große Steuerreform

Parteispitze will höhere Mehrwertsteuer - Scharfe Kritik Westerwelles

Berlin (dpa). Die CDU-Spitze will nach einem Wahlsieg schnellstmöglich eine große Einkommensteuerreform einschließlich einer Senkung der Steuersätze auf den Weg bringen. Zugleich soll die Mehrwertsteuer erhöht werden.
Im Präsidium der Partei bestand nach Informationen aus Parteikreisen Einigkeit, dass beide Maßnahmen »als Paket« in das Wahlprogramm aufgenommen und auch gleichzeitig verwirklicht werden sollen. Damit soll der Eindruck vermieden werden, die Union erhöhe einseitig die Abgaben. Das Programm soll am 11. Juli vorgestellt werden.
Die Steuerreform sieht eine Senkung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 39 und des Eingangssteuersatzes von 15 auf 12 Prozent vor. Ausnahmetatbestände sollen weitgehend abgeschafft werden.
Das Anheben der Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent wird trotz der anhaltenden Bedenken aus der FDP und Kritik aus der Wirtschaft als unumgänglich angesehen, um die Einführung einer Gesundheitsprämie zu finanzieren. Eine andere Möglichkeit sieht die CDU-Führung angesichts der Haushaltslage nicht. Die Gesundheitsprämie muss nach ihrer Ansicht wiederum eingeführt werden, um die Lohnzusatzkosten zu senken und damit Impulse für mehr Beschäftigung zu geben.
Die verbindliche Festlegung will die CDU-Vorsitzende Merkel nach ihren Worten zusammen mit CSU- Chef Edmund Stoiber erst Ende der Woche treffen. Im Anschluss an die Sitzung betonte Merkel, dass alles dem Leitmotiv des Wahlprogramms »Vorfahrt für Arbeit« untergeordnet werde. Einzelheiten, auch zu Steuerfragen, wollte sie noch nicht bestätigen.
Entgegen ihren früheren Ankündigungen will die Union die Ökosteuer nach einem Wahlsieg nicht abschaffen. Mehrere CDU-Spitzenpolitiker verwiesen gestern zur Begründung auf die desolate Haushaltslage, die keinen Spielraum für die Streichung dieser Steuer lasse.
»Sie kann im Augenblick nicht ersetzt werden«, sagte der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt vor einer CDU- Präsidiumssitzung in Berlin. Ansonsten müssten »noch weitere Steuern« erhöht werden, »um die Renten zu finanzieren«. »Das ist aber in der jetzigen Situation gar nicht möglich. Und das ist auch jedem klar.«
Dem schloss sich auch der umweltpolitische Sprecher der Union, Peter Paziorek, an. »Kurzfristig kann auf die Ökosteuer wegen der aktuellen Haushaltslage nicht verzichtet werden«, sagte Paziorek. Im Rahmen eines umfassenden Steuerreformkonzeptes müsse die Ökosteuer später aber stärker auf schadstoffbezogene Kriterien umgestellt werden.
Zwischen Union und FDP gibt es weiterhin Differenzen über eine Mehrwertsteuererhöhung nach einem möglichen Regierungswechsel im Herbst. FDP-Chef Guido Westerwelle kritisierte Erhöhungspläne beim Wunsch-Koalitionspartner CDU/CSU scharf. »Ich kann die Unionsparteien nur dringlich aufrufen, wieder zur wirtschaftspolitischen Vernunft zurückzukehren«, sagte Westerwelle gestern in Berlin.
»Diese ganzen Steuererhöhungsdiskussionen schwächen unseren Standort, sie schaffen keine Arbeitsplätze, sondern sie kosten Arbeitsplätze«, sagte Westerwelle.
Der SPD-Vorstand hat gestern nach knapp sechsstündigen Beratungen das Programm für die geplante Bundestagswahl im Herbst einstimmig gebilligt. Laut SPD-Wahlmanifest soll bei Einkünften über 250 000 Euro den Einkommensteuersatz von 42 auf 45 Prozent erhöht werden. Darüber hinaus sollen auch Mindestlöhne für alle Branchen eingeführt werden. Eine höhere Mehrwertsteuer wird abgelehnt. Die SPD erwägt zur Finanzierung zusätzlicher Familien-Leistungen die Abschaffung des Ehegattensplittings. Noch sei aber nichts entschieden, sagte SPD-Chef Franz Müntefering.

Artikel vom 05.07.2005