12.08.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Wenn das Schmelzwasser in den Sommermonaten fließt, ist es an den Waalwegen besonders schön.Fotos: Schnadwinkel
Prospekte informieren Nordic Walker über die Waalwege in Südtirol.

Waale haben nichts
mit Moby Dick zu tun

Nordic Walking entlang der Waalwege in Südtirol

Von Andreas Schnadwinkel
Meran (WB). Nordic Walking hat sich als Ausdauersport durchgesetzt, wenngleich die Gehbewegung mit den Stöcken Ästheten immer noch ein Graus ist. Sei's drum. Der Trend ist wichtig, weil vor allem Menschen über 40 und auffallend viele Frauen auf diese Art ihren Körper lange, gelenkschonend und gleichmäßig belasten. Kein Frage, dass Nordic Walking etwas zu einer gesunden Gesellschaft beiträgt.

Aber oft werden dieselben Strecken gegangen - Langeweile stellt sich ein. Gerade bei einem Ausdauersport macht landschaftliche Abwechslung die Sache leichter. Was liegt also für Nordic Walker näher, als den Urlaubsort auch danach auszusuchen, wo sich schöne Wege befinden. Wegen seiner Waalwege ist Südtirol ein ideales Ziel. Im Vinschgau und Meraner Land befinden sich die schönsten Strecken.
Auf Touristen wirken die Waalwege idyllisch, weil das Wasser beruhigend plätschert und sich schöne Ausblicke von der Höhe ins Tal eröffnen. Wer sich hier nicht entspannt und erholt, zur Ruhe kommt und neue Energie tankt, dem ist wohl kaum zu helfen. Für die Südtiroler stellen die Waale ein auch heute noch notwendiges Wassersystem dar, um die Obstfelder zu bewirtschaften. Ihre meist nicht sichtbare Seite zeigt, dass sie Ausdruck des Lebenskampfes der Einheimischen sind. Der Vinschgau gilt als alpines Trockengebiet; das heißt, dass es relativ wenig regnet - statistisch sind die Niederschläge mit 450 bis 500 Millimetern pro Quadratmeter im Jahr noch geringer als auf Sizilien. Ohne das Schmelzwasser der Gletscher, das aus den Bergbächen in die Waale abgeleitet und den Feldern zugeführt wird, sähe die Kulturlandschaft anders aus - trocken mit Tendenz zur Versteppung. Erfinderisch hat die Südtiroler der Kampf ums lebenswichtige Wasser gemacht: Mit einfachen Mitteln schaufelten sie - im Jahr 1165 beginnend - Gräben entlang der Hänge, durch die das Gletscherwasser zu den Höfen fließen konnte. Wo dies nicht möglich war, wurden Rinnen in den Fels geschlagen oder Holzrohre verlegt.
Vergleichbar mit den Wurzeln eines Baumes legten sich die Waale (der Begriff könnte vom lateinischen »aqua« oder vom keltischen »buol« stammen, beides bedeutet Wasser) über die Landschaft und machten die Ernten weitgehend sicher. Damit die Verteilung des Wassers effizient und gerecht war, überlegten sich die Bauern ein ausgeklügeltes System. Zur Bewässerung stellte man ganz exakte Regeln darüber auf, wer wann wie viel und wie lange Wasser ableiten darf. Für die Kontrolle und Bewirtschaftung trugen sogenannte Waaler die Verantwortung: Wasserwirte, die nahe den Leitungen lebten und anhand der Waalschelle hörten, wenn der Wasserfluss gestört war. Solange das Wasser fließt, bimmelt die Glocke ununterbrochen. Bleibt das Geräusch aus, ist der Wasserlauf blockiert oder versiegt. Nicht alles, aber vieles ist von diesem alten Bewässerungssystem erhalten geblieben. Besonders die schönen Wege entlang der Waale, die zu langen Nordic-Walking-Touren einladen. Heute gibt es etwa 50 Waale mit rund 200 Kilometern Länge.
An dieser Stelle zwei Empfehlungen für aktive Ausflüge: Die Tscharser Schnalswaal (eine Stunde Gehzeit) führt von Tschars zum Schloss Juval, Reinhold Messners Sommersitz. Die Burganlage kann außer im Juli und August, wenn der legendäre Bergsteiger die Sommermonate dort verbringt, besichtigt werden. Wegen des weiten Blickes nach Westen tief in den Vinschgau ist der Rückweg nach Tschars besonders reizvoll. Tipp Nummer 2: Südwestlich verläuft oberhalb von Meran der Marlinger Waalweg. Durch fast komplett ebenes Gelände führen die 13 Kilometer von Töll über Marling und Tscherms nach Lana, für die man drei Stunden einplanen sollte - ohne die Pausen in den Gasthöfen am Rande des Waalweges mit zahlreichen Aussichtspunkten.

www.meranerland.com
www.vinschgau.suedtirol.com

Artikel vom 12.08.2005