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Neue Vorwürfe in der Affäre bei Volkswagen

Konzern ließ offenbar Skoda-Manager beschatten

Hannover (Reuters). Nach dem Rücktritt von VW-Gesamtbetriebsratschef Klaus Volkert im Sog der Schmiergeldaffäre bei Volkswagen sind nach Medienberichten neue Vorwürfe laut geworden. Nach übereinstimmenden Berichten sollen Flugkosten für eine Brasilianerin, zu der Volkert ein persönliches Verhältnis habe, über VW abgerechnet worden seien.

Für diese Abrechnungen habe ein Mitarbeiter der Personalabteilung gesorgt, berichteten die Magazine »Spiegel« und »Focus«. Ein VW-Sprecher wollte sich auch gestern zu Einzelheiten nicht äußern und verwies erneut darauf, dass VW die Schmiergeldaffäre bei der Tochter Skoda vom Wirtschaftsprüfer KPMG extern untersuchen lassen werde.
Die Brasilianerin habe 23 008 Euro pro Quartal erhalten, habe sich mehrfach mit Volkert in einer von VW bezahlten Wohnung in Braunschweig getroffen und den Gesamtbetriebsratschef auch auf Auslandsreisen begleitet, berichtet »Bild am Sonntag«. Die Frau habe bestätigt, dass sie Geld bekommen habe. Sie habe Firmenvideos für VW produziert.
Der VW-Gesamtbetriebsrat ging auf Distanz zu Volkert und forderte eine lückenlose Aufklärung. Volkert war am Wochenende nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
In der Schmiergeldaffäre hat Volkswagen Strafanzeige gegen den früheren Personalvorstand der VW-Tochter Skoda, Helmuth Schuster, und einen Mitarbeiter des Zentralen Personalwesens in Wolfsburg erstattet. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt wegen des Verdachts auf Untreue und Betrug. Heute würden der Staatsanwaltschaft für deren Ermittlungen die nötigen Unterlagen übergeben, sagte ein VW-Sprecher.
Der designierte Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh, bislang Stellvertreter Volkerts, forderte den VW-Vorstand auf, die »lückenlose und ausnahmslose Aufklärung« aller Vorwürfe voranzutreiben. »Und das gilt für alle, die in dem Verdacht stehen, wie auch immer geartete scheinbare Unregelmäßigkeiten persönlich zu verantworten«, heißt es in einem Brief Osterlohs an die Belegschaft.
In dieser Woche sollen der neue Betriebsratschef des Werkes in Wolfsburg und der neue Gesamtbetriebsratschef gewählt werden. Diese Posten hatte Volkert in Personalunion inne. Volkert war am Donnerstag nach 15 Jahren im Amt überraschend zurückgetreten. Als Grund nannte er die zu erwartende öffentliche Debatte um »scheinbare Unregelmäßigkeiten« im Zusammenhang mit seiner Person.
Schuster ist einem Bericht der »Bild am Sonntag« zufolge auf Veranlassung der Konzernspitze wochenlang observiert worden. Auch Treffen Schusters mit Personalvorstand Peter Hartz seien beschattet worden, berichtete das Blatt unter Berufung auf Ermittlerkreise.
»Spiegel« und »Focus« zufolge soll Schuster auch versucht haben, die IG Metall für ein geplantes millionenschweres Vertriebs- und Erlebniscenter der Marke Skoda in Prag zu gewinnen. Die Gewerkschaft habe zuvor Auskünfte über die Gesellschafter der Prager Firma F-BEL gefordert, die sich um den Auftrag von Skoda beworben habe. Die IG Metall habe keine befriedigenden Informationen erhalten und abgelehnt. An der Firma F-BEL sollen Schuster und Volkert indirekt beteiligt sein, hieß es im »Spiegel«.

Artikel vom 04.07.2005